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Newsletter Privatstiftungen Issue 10|2021

Begünstigtenstellung in der Insolvenz

25. November 2021

1. Einleitung

Der OGH (03.08.2021, 8 Ob 101/20s) hatte einen interessanten Sachverhalt zu entscheiden, der an der Schnittstelle von Privatstiftungsrecht und Insolvenzrecht liegt.

Die Schuldnerin, die ein Einzelunternehmen betrieb, war Begünstigte einer Privatstiftung. Über ihr Vermögen wurde die Insolvenz eröffnet. Die Vorinstanzen haben geklärt, dass die Zuwendungen, die die Schuldnerin ab Insolvenzeröffnung erhalten hat und die sie auch zukünftig erhalten wird, Teil der Insolvenzmasse und damit der freien Verfügung der Schuldnerin entzogen sind.

Gegenstand der Entscheidung war jedoch die Frage, ob auch das Recht der Schuldnerin, auf die Begünstigtenstellung zu verzichten, Teil der Insolvenzmasse ist. Der Halbbruder der Schuldnerin, der ebenfalls eine Begünstigtenstellung innehat, war nämlich bereit, für einen Verzicht seiner Halbschwester auf ihre Begünstigtenstellung € 1,7 Mio zu leisten. Nach der konkreten Ausgestaltung der Stiftungsurkunde hätte dies zur Folge, dass die Zuwendungen alleine ihm zufielen.

2. Entscheidung – OGH 03.08.2021, 8 Ob 101/20s

Der OGH stellte klar, dass die Begünstigtenstellung ein höchstpersönliches Recht ist, das nicht übertragen werden kann. Wer Begünstigter einer Privatstiftung ist, stellen nach § 5 PSG nur die Stiftungserklärung, eine vom Stifter bestimmte Stelle und sonst der Stiftungsvorstand fest. Aufgrund des höchstpersönlichen Charakters ist die rechtsgeschäftliche Veräußerung der Begünstigtenstellung rechtlich unmöglich. In einem Verzicht ist jedoch keine rechtsgeschäftliche Veräußerung zu erkennen, wie das Rekursgericht vermeinte.

Räumt nun die Stiftungserklärung den Begünstigten eine Option zum befristeten oder unbefristeten Verzicht ihrer Stellung ein, kann ein Begünstigter nicht daran gehindert sein, diese Option in der vom Stifter geregelten Weise wahrzunehmen. Der OGH sieht darin vielmehr ein Indiz dafür, dass entgeltliche Verwertungsvereinbarungen innerhalb des Kreises der Begünstigten bewusst ermöglicht werden sollen.

Da die Entgeltvereinbarung aus Sicht der Privatstiftung unter Dritten erfolgte, hat diese auch keine rechtliche Wirkung für sie. Eine solche Vereinbarung könnte die Interessen und Zwecke der Stiftung allenfalls dann berühren, wenn der Abschluss solcher Geschäfte in der Stiftungserklärung als unerwünscht untersagt wäre. Ausdrücklich offen gelassen hat der OGH, ob der Stifter derartige Entgeltvereinbarungen verbieten oder zumindest auf bestimmte Gründe beschränken könnte.

Da der Verzicht auf Begünstigtenstellung rechtlich möglich ist und sie – wie hier – wirtschaftlich werthaltig ist, ist der Insolvenzverwalter zur Verwertung dieses Vermögensbestandteils berechtigt.

3. Fazit

Da die Insolvenzeröffnung bereits im Jahr 2016 erfolgte, kann zwar ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei um die ersten Ausläufer der wirtschaftlichen Folgen der Corona Pandemie handelt. Ungeachtet dessen muss unter Umständen damit gerechnet werden, dass derartige Sachverhalte in Zukunft allenfalls zunehmen werden. Dies gilt es bei der Errichtung der Stiftungserklärung zu bedenken.

Das Private Clients Team von Müller Partner Rechtsanwälte unterstützt Sie im Anlassfall bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche sowie auch bei der Errichtung und Änderung Ihrer Stiftungserklärung. Gerne stehen wir für eine umfassende Beratung persönlich, wie auch telefonisch oder per Videokonferenz, zur Verfügung.

DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.

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