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Newsletter Corporate/M&A Issue 3|2020

Cash-Ersparnis in Corona-Krise durch Aktiendividende

16. Juli 2020

Durch die Ausschüttung einer Aktiendividende (sog Scrip Dividend) kann die Gesellschaft ihren Aktionären ein Wahlrecht bezüglich ihrer Dividende gewähren. Die Aktionäre haben bei der Scrip Dividend drei Optionen. Sie können ihre Dividende, wie gewohnt, in Cash erhalten. Stattdessen können die Aktionäre sich ihre Dividende in Form von Aktien mit einem Abschlag zum Marktpreis ausschütten lassen. Aktionäre können auch hinsichtlich eines Teils ihres Dividendenanspruchs Aktien wählen und den Rest als gewohnte Bardividende erhalten.

Für die Aktionäre ist dieses Wahlrecht aus mehreren Gründen attraktiv. Aktionäre, die sich für Aktien entscheiden, erhalten etwa einen Abschlag auf die Aktien iHv 2-5%. Durch diesen Abschlag auf den Marktpreis wird den Aktionären ein Anreiz geboten werden die Aktien zu wählen und gleichzeitig eine marktnahe Bewertung erfolgen.

Für die ausschüttende Gesellschaft bietet die Scrip Dividend den wesentlichen Vorteil einer Cash-Ersparnis. Durch die Ausschüttung in Form von Aktien wird die Liquidität geschont bzw es kommt zu einer partiellen Thesaurierung von Eigenkapital. Diese eingesparten Mittel können dann zur Wachstumsfinanzierung oder zum Verschuldungsabbau verwendet werden. International haben schon viele Gesellschaften (etwa BP, Shell, CAIXABank, Santander, HSBC, Rolls Royce, Telefonica, Iberdrola, Pennon Group, Credit Suisse, Deutsche Telekom, Lufthansa, Vonovia etc) eine Scrip Dividend erfolgreich durchgeführt. Beispielhaft kam es 2019 bei Vonovia zu einer Cash-Ersparnis von rund EUR 341 Mio. oder 2013 bei der Deutschen Telekom zu einer Cash-Ersparnis von über EUR 1 Mrd.

Gerade in Corona-Zeiten ist die Sicherung der Liquidität von entscheidender Bedeutung. Es zeigt sich auch, dass momentan viele Unternehmen eine Scrip-Dividend-Variante wählen. So hat etwa der „Immobilienriese“ CapitaLand aus Singapur eine Scrip Dividend angekündigt. Das deutsche Unternehmen Encavis AG hat ihre Scrip Dividend mit einer Annahmequote von über 60% erfolgreich abgeschlossen. Die in Wien notierende, aber in Jersey sitzende, Atrium European Real Estate Limited hat ebenfalls gerade eine Scrip Dividend abgewickelt.

Aktienrechtlich strukturiert wird die Scrip Dividend im (international betrachtet) Standardfall als Bezugsrechtsemission gegen Sacheinlage. Dabei wird von den Gesellschaften meist genehmigtes Kapital ausgenutzt. In der Sache bringt der Aktionär seinen Dividendenanspruch über eine zwischengeschaltete Transaktionsbank als Sacheinlage in die Gesellschaft ein. Im Gegenzug erhält er Aktien der Gesellschaft als Dividende. Die vorstehend beschriebenen Vorteile lassen sich auch nur in dieser Variante gänzlich realisieren.

Daneben besteht die Möglichkeit, eigene Aktien für die Scrip Dividend zu nutzen. Die bisher einzige Scrip Dividend eines österreichischen Emittenten (Porr AG im Jahr 2016) wurde auf diese Weise durchgeführt. In Erwägung ziehen wird dies nur, wer schon über einen entsprechenden Bestand an eigenen Aktien verfügt. Ansonsten müssten diese extra für die Scrip Dividend eigene Aktien anschaffen, was den Vorteil „Liquiditätsschonung“ (ganz oder zumindest teilweise) entfallen lässt.

Ein Aktienangebot, wie es im Zuge einer Scip Dividend erfolgt, ist zwar (auch wenn es sich „nur“ an die bestehenden Aktionäre richtet) ein öffentliches Wertpapierangebot. Ein Kapitalmarktprospekt ist für die Scrip Dividend aber aufgrund einer Ausnahme in der Prospektverordnung weder für das öffentliche Angebot, noch für die allenfalls erforderliche Zulassung neuer Aktien zum Handel an einem geregelten Markt notwendig. Als Informationsunterlage ist den Aktionären jedoch ein (vom Umfang her nicht mit einem Prospekt vergleichbares und nicht von der FMA zu billigendes) prospektersetzendes Dokument zur Verfügung zu stellen. Auch deswegen wird die Scrip Dividend von der Praxis auch gern als hinsichtlich zeit- und kostenmäßigen Aufwands für die zur Aktiendividende optierende Gesellschaft überschaubar bewertet.

Einen umfassenden Beitrag von mir zum Thema mit dem Titel „Aktiendividende (Scrip Dividend)“ finden Sie in der Ausgabe 2/2020 der Zeitschrift der Gesellschafter – GesRZ (Fundstelle GesRZ 2/2020, 123-131).

Dr. Sebastian Sieder

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