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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 3|2020

COVID-19 wütet an den Börsen – Nationale Leerverkaufsverbote und neue Meldeschwelle schon bei 0,1%

17. März 2020

Die Aktienmärkte haben in den letzten Tagen eine verheerende Bilanz aufgewiesen. Die Anleger haben dadurch hohe Summen an investiertem Vermögen verloren.

In verschiedenen Jurisdiktionen sind die nationalen Aufsichtsbehörden dagegen aktiv geworden und haben Leerverkaufsverbote erlassen. Diese Maßnahmen sind vorteilhaft für die Anleger, da Leerverkäufer an fallenden Kursen verdienen und den durch COVID-19 verursachten Kurssturz in zweifacher Hinsicht verstärken können. Einerseits erweitern diese durch den Leerverkauf das Angebot und andererseits senden diese mit dem Leerverkauf ein negatives Signal in den Markt. Dies kann weitere Anleger zum (Leer-)Verkauf animieren und so zu regelrechten Preisspiralen nach unten führen.

Die italienische Aufsichtsbehörde CONSOB hat am 13.03.2020 Leerverkäufe in 85 italienischen Aktien verboten. Darunter finden sich etwa die klingenden Namen Campari, Ferrari, Fiat Chrysler Automobiles oder Moncler. Auch der Leerverkauf der Aktien der Fußballvereine Lazio Rom und Juventus Turin wurde von der CONSOB verboten. Auch die spanische Aufsichtsbehörde CNMV hat in 69 spanischen Aktien Leerverkäufe verboten. Die FCA hat auf Ersuchen dieser beiden Aufsichtsbehörden Leerverkäufe dieser Aktien auch in UK verboten, da viele der vom Verbot umfassten Aktien auch in London gehandelt werden.

Rechtsgrundlage der Maßnahmen ist Art 23 der Leerverkaufsverordnung (Short Selling Regulation SSR). Dieser enthält die Befugnis der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden zur befristeten Beschränkung von Leerverkäufen bei starkem Kursverfall. Bei liquiden Aktien ist gemäß SSR ein Kursverlust von 10% im Vergleich zur Schlussnotierung des Vortags notwendig, was an vielen Aktienmärkten an den letzten Tagen der Fall gewesen ist.

Die Leerverkaufsverbote nach Art 23 SSR gelten nur für einen Tag, können aber verlängert werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob die jeweiligen Aufsichtsbehörden wieder aktiv werden und ob auch die FMA noch aktiv wird.

Als weitere Notfallmaßnahme hat die ESMA am 16.03.2020 nach Art 28 Abs 1 SSR die Schwelle für die erstmalige Meldepflicht von Netto-Leerverkaufspositionen auf 0,1% des ausgegebenen Aktienkapitals des Emittenten, auf den sich die Netto-Leerverkaufsposition bezieht, heruntergesetzt. Damit hat die ESMA die Meldepflicht für Netto-Leerverkaufspositionen deutlich verschärft, da ansonsten die erste Schwelle für Meldungen erst bei 0,2% liegt. Die Offenlegung iS einer Veröffentlichung auf der FMA-Website (in D im Bundesanzeiger) beginnt weiterhin unverändert bei 0,5%. Die ESMA erwartet sich daraus wohl, dass die nationalen Aufsichtsbehörden Short Seller genauer untersuchen können. Damit wird klar, dass diese in Zeiten der COVID-19-Krise besonders im Fokus der Aufsichtsbehörden stehen. Es bleibt abzuwarten, ob noch strengere Maßnahmen von der ESMA ergriffen werden.

Zu hoffen bleibt freilich, dass sich die Märkte wieder stabilisieren und erholen und solche Maßnahmen nicht notwendig sind.

Dr. Sebastian Sieder

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