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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2020

Der Beirat einer GmbH

28. Januar 2020

Neben den zwingend vorgeschriebenen Gesellschaftsorganen Generalversammlung, Geschäftsführung und Aufsichtsrat sind in einer GmbH häufig weitere fakultative Organe vorgesehen. Regelmäßig entspricht es einem vielfältigen, praktischen Bedürfnis, ein zusätzliches Beratungs- und Entscheidungsgremium, neben den zwingend einzurichtenden Organen, zu bestellen.

Diesem Bedürfnis wird häufig durch die Errichtung eines Beirates Rechnung getragen. Der Beirat soll durch Beiziehen fachkundiger Experten eine gesellschaftliche Willensbildung auf objektiven Grundlagen ermöglichen und (sowohl allgemeine als auch spezielle) Beratungsaufgaben wahrnehmen.

Die Gründe für die Errichtung eines Beirates sind üblicherweise,

  • die Übertragung einzelner Aufgaben der Generalversammlung an ihn,
  • die Beratung und Unterstützung der Geschäftsführung,
  • die Zuweisung bestimmter genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte und Maßnahmen zur Entscheidung an ein Expertengremium,
  • der Wunsch nach Kontrolle der Geschäftsführung durch ein freiwilliges Aufsichtsorgan dessen Mitglieder nicht im Firmenbuch eingetragen sind,
  • die Nutzung von Experten,
  • die Schaffung eines dienstrechtlichen Ansprechpartners für die Geschäftsführung,
  • die Beratung der Gesellschafter in ausgewählten Fragen der strategischen Unternehmensführung
  • die Schaffung einer Schlichtungs- und Vermittlungsstelle: Der Beirat soll bei Streitigkeiten zwischen der GmbH und einzelnen Gesellschaftern sowie zwischen diesen untereinander eine außergerichtliche Einigung herbeiführen.

Die häufigste Aufgabe des Beirates liegt in der Beratung der Geschäftsführung, wobei diese strikt von der Überwachung zu trennen ist, denn hierfür ist zwingend der Aufsichtsrat zuständig, für den andere gesetzliche Regelungen gelten. In der herrschenden Lehre besteht Einigkeit dahin, dass dort, wo ein Aufsichtsrat nicht auf gesetzlicher, sondern nur auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage besteht (sei es obligatorisch oder nur fakultativ), die Bestimmungen über die Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat im Sinne des § 110 Abs 5 Z 1 ArbVG zwingend Anwendung zu finden haben.

Demnach sind auf einen Beirat, dem dieselben Mindestkompetenzen wie einem Aufsichtsrat zukommen, die Vorschriften über den Aufsichtsrat anzuwenden, da es sich insoweit um zwingendes Recht handelt, das nicht durch die Bestellung eines „Beirats” umgangen werden darf. Die Grenze der Zulässigkeit liegt also dort, wo der Beirat als verdeckter Aufsichtsrat als Überwachungsorgan unter einem anderen Mantel zu qualifizieren ist. Sohin besteht keine Möglichkeit, dem eingerichteten Beirat die Kompetenzen des Aufsichtsrates zu übertragen, aber die zwingenden Regeln durch die anderslautende Bezeichnung zu umgehen (9 ObA 130/05s). Es steht zwar im freien
Ermessen der Gesellschafter, ob sie freiwillig ein Kontrollorgan einrichten, nicht jedoch, ob darin den Arbeitnehmervertretern Mitwirkungsrechte zukommen sollen. Darauf sollte bei der Einrichtung eines Beirats und der Gestaltung seiner Kompetenzen unbedingt Bedacht genommen werden.

Es ist im Hinblick auf seine Rechtsstellung weiters zwischen dem kraft Gesellschaftsvertrag errichteten organschaftlichen Beirat und dem durch einfachen Gesellschafterbeschluss oder vertragliche Regelungen mit der GmbH errichteten schuldrechtlichen Beirat zu unterscheiden.

Ein schuldrechtlicher Beirat ist kein Organ der Gesellschaft und wird auch nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen. Er wird auf Grundlage eines schuldrechtlichen Vertrages mit der Generalversammlung tätig und handelt üblicherweise im Rahmen eines Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses. Er übernimmt beratende Funktion. Die Befugnisse und Pflichten des schuldrechtlichen Beirats wirken nur im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Mitgliedern verpflichtend. Eine Haftung für die Mitglieder besteht nur wegen Vertragsverletzung.

Der organisationsrechtliche Beirat ist entweder von Beginn an im Gesellschaftsvertrag vorgesehen oder wird nachträglich durch eine Satzungsänderung geschaffen. Er kann auch neben einem obligatorisch einzurichtenden Aufsichtsrat bestehen, wobei die Sinnhaftigkeit anzuzweifeln ist. Die Rechte und Pflichten des organschaftlichen Beirats und seiner Mitglieder sind im Wesentlichen mit jenen anderer Gesellschaftsorgane vergleichbar. Aus diesem Grund haben sie ihre Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen gewissenhaften Beiratsmitgliedes wahrzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht führt zu einer Schadenersatzhaftung.

Die Mitglieder des Beirates sind an das Unternehmensinteresse gebunden. Ihre Rechte und Pflichten entsprechen im Allgemeinen jenen von Aufsichtsratsmitgliedern, wobei sich die Einzelheiten aus der Aufgabenstellung des jeweiligen Beirats ergeben.

Dr. Martin Melzer, LL.M. / DDr. Katharina Müller, TEP

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