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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 8|2018

Die 2. Aktionärsrechterichtlinie bringt neue Herausforderungen für börsenotierte Unternehmen

30. November 2018

Die Aktionärsrechterichtlinie bezweckt die Stärkung von Aktionärsrechten. Primärer Adressat sind Emittenten, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Durch die Richtlinie 2017/828 zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie, meist 2. Aktionärsrechte-Richtlinie oder 2. ARRL genannt, kommen in Österreich nun auf Aktienemittenten im Amtlichen Handel der Wiener Börse folgende wesentliche Neuerungen zu:

  1. Emittenten können Informationen zu ihren Aktionären abfragen (siehe dazu den nachfolgenden Beitrag).
  2. Emittenten haben Aktionären auf Anforderung eine Bestätigung auszustellen, dass ihre Stimmen wirksam aufgezeichnet und gezählt wurden (es sei denn diese Information steht bereits zur Verfügung).
  3. Emittenten haben Intermediären jene Informationen rechtzeitig und in standardisierter Form zu liefern, welche allen Aktionären zu erteilen sind, damit sie ihre Rechte ausüben können. Gemeint sind damit etwa Informationen und Unterlagen betreffend die Hauptversammlung. Statt der Informationen und der Unterlagen selbst kann auch eine Mitteilung bereitgestellt werden, wo die Informationen und Unterlagen auf der Website des Emittenten zu finden sind (für Details zur Informationsbereitstellung siehe die Durchführungsverordnung 2018/1212 der Kommission; zur Übermittlung von Informationen durch Intermediäre an Aktionäre siehe den nachfolgenden Beitrag). Interessant ist hier, dass die Durchführungsverordnung offenbar auch neue sprachliche Herausforderungen bringen wird: Neben Deutsch ist auch eine „in internationalen Finanzkreisen gebräuchliche Sprache“ (also Englisch) vorgesehen, es sei denn, dies ist aufgrund der Aktionärsstruktur des Emittenten nicht gerechtfertigt. Nähere Hinweise darauf, wann dies der Fall ist, finden sich in den Rechtsgrundlagen nicht. Für kleinere Standard-Market-Emittenten könnte dies belastend werden.
  4. Die – unmittelbar anwendbare – Durchführungsverordnung 2018/1212 enthält Vorgaben zur Übermittlung von Informationen über Unternehmensereignisse mit Ausnahme von Hauptversammlungen, die deutlich über die Normung der Informationsbereitstellung hinausgehen (siehe im Detail insbesondere Art 8 Abs 2, welcher offenbar Mindestanforderungen für festzulegende Fristen vorsieht).
  5. Künftig ist der Hauptversammlung eine Vergütungspolitik für die Unternehmensleitung vorzulegen. Das Votum der Hauptversammlung wird in Österreich zwar dem Vernehmen nach nur empfehlenden Charakter haben, im Fall einer Ablehnung ist jedoch der nächsten Hauptversammlung eine überarbeitete Vergütungspolitik vorzulegen (ansonsten ist die Vergütungspolitik erst nach vier Jahren oder im Fall einer wesentlichen Änderung wieder der Hauptversammlung vorzulegen). Die Vergütungspolitik ist außerdem auf der Website zu veröffentlichen.
  6. Emittenten müssen künftig jährlich einen Vergütungsbericht erstellen, welcher von den bisherigen Vorgaben in UGB und Corporate Governance Kodex abweicht und zum Teil deutlich darüber hinausgeht. Der Bericht ist jährlich der Hauptversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen, wobei das Votum „nur“ empfehlenden Charakter hat. Im Falle einer Ablehnung ist im nächsten Vergütungsbericht darzulegen, wie dem Votum Rechnung getragen wurde.
  7. Wesentliche Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen (IAS 24) sind künftig nicht nur durch den Aufsichtsrat zu genehmigen, sondern auch spätestens bei Abschluss des Geschäfts öffentlich bekannt zu machen. Dem Vernehmen nach wird die Wesentlichkeitsschwelle mit 5% der Bilanzsumme definiert werden. Die Meldung als wesentliche „related-party-transaction“ befreit nicht von einer allenfalls auch bestehenden Ad-hoc-Pflicht gemäß Art 17 MAR.

Einige der genannten Vorgaben werden in der Praxis zu größerem Adaptierungsbedarf der Corporate Governance von börsenotierten Gesellschaften führen. Wir raten dazu, sich zeitgerecht auf die neuen Vorgaben vorzubereiten. Sobald der Gesetzesentwurf zur Umsetzung der 2. ARRL in Österreich vorliegt (voraussichtlich Weihnachten, spätestens Anfang nächsten Jahres) berichten wir wieder.

Mag. Gernot Wilfling

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