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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 2|2021

Hauptversammlungssaison 2021: Erstmals Vergütungsbericht vorzulegen

11. Februar 2021

Die Hauptversammlungssaison 2021 hat bereits begonnen und bringt eine neue Aufgabe mit sich. Stand 2020 die Vergütungspolitik im Fokus, müssen börsenotierte Aktiengesellschaften (also solche mit Aktien im Amtlichen Handel der Wiener Börse) ab heuer der Hauptversammlung jährlich einen Vergütungsbericht über alle gewährten und geschuldeten Vergütungen der (aktuellen und ehemaligen) Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder vorlegen. Im Gegensatz zu anderen Vorgaben betreffend den Ausweis der Vergütung der Organmitglieder ist der Vergütungsbericht zwingend ein eigenständiges Dokument und kann nicht mehr in andere Berichte integriert werden. Nach Behandlung in der Hauptversammlung (die Beschlussfassung über den Vergütungsbericht hat bekanntlich empfehlenden Charakter und kann nicht angefochten werden) ist der Vergütungsbericht für 10 Jahre auf der Website der börsenotierten AG zugänglich zu machen. Dort hat er zudem schon im Vorfeld (mindestens 21 Tage vor der Hauptversammlung) zur Verfügung zu stehen. Eine Übermittlung ans Firmenbuch ist hingegen nicht notwendig.

Der Vergütungsbericht ist bekanntlich (basierend auf der 2. Aktionärsrechterichtlinie) im Aktiengesetz geregelt. Viele Details zur Gestaltung findet man dort bekanntlich nicht. Ganz im Gegenteil zu den, nach wie vor nur als Entwurf vorliegenden, Guidelines der Europäischen Kommission (Guidelines on the standardised presentation of the remuneration report under Directive 2007/36/EC, as amended by Directive (EU) 2017/828 as regards the encouragement of long-term shareholder engagement). Diese Guidelines wurden von Marktteilnehmern (wohl zurecht) als Bürokratiemonster bezeichnet. Für wesentlich hilfreicher beim Erstellen des Vergütungsberichts halten wir die AFRAC-Stellungnahme 37: Vergütungsbericht gemäß § 78c AktG. Primär dieser folgt soweit ersichtlich auch die bisherige Praxis in Österreich.

Für den Aufbau des Vergütungsberichts empfiehlt die AFRAC folgende Struktur: (i) Einleitung, (ii) Grundzüge der Vergütungspolitik, (iii) Darstellung der Gesamtvergütung (inklusive Anteile der variablen Vergütung an der Gesamtvergütung), (iv) Informationen zu aktienbezogenen Vergütungen und (v) sonstige Informationen und Erläuterungen (hierunter fallen die jährlichen Veränderungen, gegebenenfalls Abweichungen von der Vergütungspolitik, Rückforderung von variablen Vergütungsbestandteilen, etc).

Das Gesetz gibt vor, dass die gewährte und die geschuldete Vergütung abgebildet wird. Laut AFRAC ist die gewährte Vergütung jene, welche aufgrund rechtlicher oder vertraglicher Verpflichtungen dieser Berichtsperiode wirtschaftlich zuzurechnen ist, deren endgültige Festlegung und Auszahlung aber erst später erfolgt. Geschuldete Vergütung sind hingegen die tatsächlich zugeflossenen Beträge innerhalb der Berichtsperiode an die Organmitglieder sowie die für diese Periode endgültig erworbenen Ansprüche, auch wenn die Auszahlung in einer späteren Periode erfolgt.

Eine zentrale Frage beim Erstellen des Vergütungsberichts ist, ob auch Vergleichszahlen zum Vorjahr geboten sind und ob die vorgesehenen Fünf-Jahres-Vergleiche bei diversen darzustellenden Veränderungen bereits im erstjährigen Vergütungsbericht geboten sind. Soweit ersichtlich ist anerkannt, dass Emittenten in den Bericht „hineinwachsen“ dürfen. Zumindest Vergleichswerte für das Jahr vor der Berichtsperiode (also 2019) scheinen sich jedoch einzubürgern.

Im Vergütungsbericht muss nichts offengelegt werden, was schwere Schäden für die Geschäftspositionen des Emittenten bedeuten könnte. Zu denken soll hier etwa sein an Kennzahlen und Zielgrößen der Geschäftsziele, aber auch Kundeninformationen, die nützlich für Konkurrenten und schädlich für die Gesellschaft sein könnten. Diese Ausnahme ist aber wieder insofern eingeschränkt, als durch eine Nichtoffenlegung weder die Erreichung der mit dem Vergütungsbericht verbundenen Ziele beeinträchtigt werden darf, noch auf die Erläuterung zur Anwendung der Leistungskriterien verzichtet werden kann. Ob es viele Anwendungsfälle für die Ausnahme geben wird, halten wir nach unseren bisherigen Erfahrungen für durchaus fraglich. Wir unterstützen übrigens gerade beim Erstellen von gesetzeskonformen Vergütungsberichten. Sollten auch Sie hierbei Unterstützung benötigen, stehen wir jederzeit gern bereit.

Mag. Valentina Treichl, BA

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