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Newsletter Immobilienrecht Issue 7|2020

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29. September 2020

Der Drang nach Frischluft und Freiheit verleitet so manchen Ver-/Mieter zu exzessivem Lüften der Gangfenster oder Abtragung eines Daches. Dagegen wirken die Kündigungsmotive „Hundebesitzer“ und „Omas Liebling“, um sich von unliebsamen Mietern zu befreien, fast schon gewöhnlich. Aber ein geschaffener Zugang zu einer Wohnung mittels Generalkeycard darf jedenfalls nicht zur selbsternannten Freiheit berechtigen.

Zu viel frische Luft

Jeder Wohnungseigentümer ist dankbar für Mieter, die fleißig lüften – dies hatte sich eine Mieterin scheinbar besonders zu Herzen genommen und nicht nur in der eigenen Wohnung, sondern auch durch Öffnen der Gangfenster das Haus mit Frischluft versorgt. Das exzessive Lüften der Dame wäre vermutlich halb so schlimm gewesen – wäre es nicht Winter und durch die stundenlange Dauerbelüftung in einer anderen Wohnung trotz Beheizung „kalt“. Dies begründet zwar grundsätzlich eine erhebliche Störung des friedlichen Zusammenlebens und dadurch auch einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG – jedoch wurde dieses kühle Verhalten nach einer Abmahnung und Versperrung der Fenster nicht als unleidliches Verhalten gesehen, dass zur Kündigung berechtigt. Die Eiskönigin darf also bleiben (OGH 24.06.2020, 1 Ob 113/20 d).

Kein Dach über dem Kopf

Ein scheinbar freiheitsliebender Vermieter hatte das Dach eines Wohnhauses abgetragen und Fenster leerstehender Wohnungen provisorisch abgedeckt und somit „abgedichtet“. Er hat sich mit diesen Arbeiten jedoch wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt; denn nicht umsonst handelt es sich bei Provisorien um Übergangslösungen. So haben das auch die Richter des Obersten Gerichtshofs beurteilt: Die gesetzten Maßnahmen entsprechen nicht den notwendigen Erhaltungsarbeiten, die der Vermieter gesetzlich vorzunehmen hat. Die Ausführung als Erhaltungsarbeit muss zumindest mehrjährigen Bestand haben; das kann bei einer voraussichtlichen Bestandsdauer von zwei Jahren jedenfalls ausgeschlossen werden. Als Konsequenz bleibt die Verpflichtung zum Wiedereinbau der Fenster sowie die Wiederherstellung des Daches. Mit dieser Entscheidung ist dem Vermieter wohl fast die Decke auf den Kopf gefallen (OGH 14.04.2020, 5 Ob 2/20 k).

Ein Kündigungsgrund geht vor die Hunde

Beim Vereinbaren eines Kündigungsgrundes sind dem Vermieter kaum Grenzen gesetzt, ob diese Gründe dann aber durchsetzbar sind, stellt sich erst im Ernstfall heraus. Im vorliegenden Fall wurde zwischen den Parteien des Mietvertrags die Haltung von Tieren abstrakt als Kündigungsgrund vereinbart. Trotz dieses Verbots hielt sich zeitweise ein Hund in der Wohnung der Mieterin auf. Dies ging dem Vermieter wohl tierisch auf die Nerven und er veranlasste die Kündigung. Die Mieterin hätte aber lieber einen Sack Flöhe gehütet, als die Kündigung einfach hinzunehmen und konnte den Rauswurf verhindern, denn dem Vermieter mangelte es am gesetzlichen Erfordernis des wichtigen Interesses an der Aufkündigung. Zwar heißt es: Hunde, die bellen, beißen nicht – dieser hat aber weder das eine noch das andere gemacht, wodurch eine Kündigung nicht gerechtfertigt war (OGH 27.02.2020, 2 Ob 134/19 y).

Kündigungsgrund: „Omas Liebling“

Eine 29-jährige Mieterin bekommt nicht nur Omas geliebte Hausmannskost, sondern auch ihre Eigentumswohnung. Dass diese bereits vermietet ist, stellt kein Problem dar – das Zauberwort: Eigenbedarf. Der OGH bejaht dies für die junge Erwachsene, da der knapp 30-Jährigen ein Zusammenleben mit zwei Geschwistern und den Eltern in einer 100m2 Wohnung nicht mehr zumutbar ist. Dass sie für ihr „selbstbestimmtes erwachsenes Leben“ nunmehr pendeln muss, stört den OGH jedenfalls nicht – Freiheit hat nun Mal nicht nur Vorteile (OGH 03.06.2020, 5 Ob 80/20 f).

Was privat ist, soll auch privat bleiben…

…dieser Grundsatz ist besonders wichtig, wenn es um die eigenen vier Wände geht. Nicht nur Einbrecher und Co. verstoßen gegen das ausschließliche Nutzungsrecht von Wohnungseigentümern – sondern auch wer gegen den Willen des Wohnungseigentümers einen Schlüssel oder eine Keycard zur Wohnung besitzt oder nachträglich herstellt. Im Anlassfall für diese gerichtliche Klarstellung hatte eine Dame, die offiziell nicht Verwalterin der Liegenschaft war, aber im Auftragsverhältnis mehrere Wohnungen verwaltete, durch Generalkeycards die Möglichkeit in alle anderen Wohnungen zu gelangen sowie weitere Keycards zu kodieren. Der OGH kam dem Recht auf Privatsphäre nach, indem er die Vernichtung der Generalkeycards sowie eine einstweilige Verfügung gegen Neukodierungen billigte (OGH 08.04.2020, 8 Ob 139/19 b).

Ihr Müller Partner Immobilienteam

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