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Newsletter Corporate/M&A Issue 3|2019

Joint Ventures: Herausforderungen gemeinsam meistern

6. Juni 2019

Technologischer Wandel und Digitalisierung stellen Unternehmen mit zunehmender Geschwindigkeit vor nie da gewesene Herausforderungen. Gerade für den Mittelstand kann es sich anbieten, sich stellende Aufgaben nicht allein, sondern gemeinsam mit Partnern anzugehen. Unter dem Schlagwort „Joint Venture“ werden verschiedenste Formen der Unternehmenskooperationen zwischen zwei oder mehreren Partnerunternehmen bezeichnet. Nachfolgend beschreiben wir das auf unbestimmte Dauer angelegte Gemeinschaftsunternehmen als Gestaltungsvariante einer solchen Partnerschaft. Dabei tragen in der Regel alle Partner zumindest in bestimmtem Ausmaß Führungsverantwortung. Die Motive für derartige Joint Ventures sind vielfältig und reichen von gemeinsamer Forschung, Technologieentwicklung oder sonstiger Know-how-Bündelung, über Risikoteilung bis (vor allem beim Eintritt in Auslandsmärkte) hin zur Erreichung eines sonst fehlenden Marktzugangs.

Soll ein Joint Venture gegründet werden, landet man in Österreich häufig bei der Rechtsform der GmbH, weil sie von den haftungsbeschränkten Rechtsträgern am einfachsten zu gründen ist, die meiste Flexibilität bietet und eine rechtlich abgesicherte direkte Einflussnahme durch die Joint Venture Partner (Weisungsrecht der Gesellschafter) ermöglicht. Wie bei jeder Gründung ist die Frage nach dem Beteiligungsverhältnis zentral (in der Regel hat kein Partner eine Kapitalmehrheit oder sonstige alleinige Kontrollmöglichkeit). Im Joint-Venture-Vertrag sollten aber darüber hinaus eine Fülle an Dingen genau geregelt werden. Folgende Fragen sind aus rechtlicher Sicht zentral:

  1. Was ist der Gegenstand, was sind die Ziele des Joint Ventures und wie ist der „Fahrplan“?
  2. Wer leistet welche Beiträge in Form von Kapital, Produktionsmittel, Arbeitskraft, Kunden- oder Lieferantenbeziehungen, geistigem Eigentum (Patente, Lizenzen, Marken etc) und sonstigem Know-how? Soll es (insbesondere bezüglich Kapitalausstattung) Nachschusspflichten geben?
  3. Wer hat welchen Einfluss auf die Besetzung der Geschäftsführung? Welche Geschäftsführungsmaßnahmen bedürfen der Zustimmung der Joint Venture-Partner?
  4. Soll es einen Aufsichtsrat oder Beirat geben und wie wird ein solcher besetzt?
  5. Welche Liefer- und Leistungsbeziehungen des Joint Ventures zu den Partnern soll es geben (etwa: Produktabnahmen, Nutzung von durch das Joint Venture geschaffenem Know-how etc)?
  6. In welcher Form ist durch das Joint Venture an die Partner zu berichten?
  7. Was soll hinsichtlich Wettbewerbs- und Konkurrenzschutz gelten?
  8. Wie wird der Gewinn des Joint Ventures verteilt und welche Ausschüttungspolitik streben die Partner an?
  9. Was soll gelten, wenn es bei einem Joint Venture-Partner zu einem Kontrollwechsel („change-of-control“) kommt?
  10. Was soll gelten, wenn es durch Uneinigkeit zu gegenseitigen Blockaden kommt und wie soll das Joint Venture wieder beendet werden können?
  11. Sollen im Streitfall die ordentlichen Gerichte oder ein Schiedsgericht zuständig sein?

Üblicherweise gehen dem Abschluss des Joint Venture-Vertrags eingehende Untersuchungen der von den jeweiligen Joint Venture-Partnern beizubringenden Beträge voran (Due Diligence Prüfung).

Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ist als Zusammenschluss gemäß Kartellgesetz zu betrachten und kann eine Zusammenschlussanmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde oder (im Fall eines Zusammenschlusses mit gemeinschaftsweiter Bedeutung) der Europäischen Kommission erfordern.

Eine weitere Möglichkeit, Herausforderungen gemeinsam zu meistern, ist eine gänzliche Fusion mit einem (oder mehreren) anderen Unternehmen (in der Regel Wettbewerbern). Mit den diesbezüglichen rechtlichen Herausforderungen beschäftigen wir uns im nächsten Corporate/M&A-Newsletter.

Mag. Gernot Wilfling

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