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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 4|2019

Kapitalmarktgesetz 2019: Mit der geplanten Umsetzung werden Chancen verpasst

11. Juni 2019

Anlässlich der bevorstehenden (gänzlichen) Anwendbarkeit der neuen EU-Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129) hat der österreichische Gesetzgeber den Entwurf eines neuen Kapitalmarktgesetzes 2019 in Begutachtung geschickt. Dieses wird künftig drei (inhaltliche) Hauptstücke haben. Das 1. Hauptstück regelt das öffentliche Anbieten von Veranlagungen, das 2. Hauptstück wird im Wesentlichen Begleitregelungen zur Prospektverordnung enthalten (entsprechend heißt es „Öffentliches Angebot von Wertpapieren – Anwendung der Verordnung (EU) 2017/1129). Im 3. Hauptstück findet man gemeinsame Bestimmungen für Veranlagungen und Wertpapiere.

Insgesamt handelt es sich um einen eher uninspirierten Entwurf. Folgendes sticht ins Auge:

  1. Der für das 1. Hauptstück ganz zentrale Begriff „Veranlagung“ soll in seiner derzeitigen, nicht gerade klaren Form, übernommen werden.
  2. Der Prospekt für Veranlagungen ist offenbar weiterhin vom Emittenten (durch vertretungsbefugte Personen) zu unterfertigen, wohingegen für Wertpapierprospekte längst ein elektronisches Billigungsverfahren ohne Unterfertigung gilt.
  3. Der Gesetzgeber behält die Prüfung von Veranlagungsprospekten durch einen Prospektkontrollor (Wirtschaftsprüfer etc, nicht die FMA) auf Richtigkeit und Vollständigkeit bei. Es gilt also weiterhin auch ein strengerer Prüfungsmaßstab für Veranlagungsprospekte. Außerdem ist der Veranlagungsprospekt weiterhin einen Bankarbeitstag vor Angebotsbeginn zu veröffentlichen.
  4. Anders als künftig bei Nachträgen zu Wertpapierprospekten ist im Fall von Nachträgen zu Veranlagungsprospekten nach wie vor bereits vor der Prüfung durch den Prospektkontrollor zu veröffentlichen. Die Rücktrittsfrist für Verbraucher beträgt unverändert sieben Arbeitstage ab Veröffentlichung – die Chance einer Angleichung an die Regelungen für Wertpapiere (dort bereits vor der Prospektordnung zwei Arbeitstage für sämtliche Gruppen von Anlegern) wurde verpasst.
  5. Die Sonderbestimmungen für Veranlagungen in Immobilien (zusätzliche Prospektangaben, extern zu prüfender Rechenschaftsbericht etc) werden im Wesentlichen unverändert übernommen. Für Wertpapieremissionen gelten diese bekanntlich nicht. Die (weitere) Ungleichbehandlung scheint mehr als hinterfragenswert.
  6. Wie bisher fallen sowohl Wertpapier-, als auch Veranlagungsangebote unter EUR 2 Mio über einen zwölf-Monats-Zeitraum im Regelfall nicht unter das KMG, sondern unter das AltFG. Für Angebote von weniger als EUR 5 Mio über einen zwölf-Monats-Zeitraum steht weiterhin ein vereinfachter Prospekt nach Schema D KMG zur Verfügung (wobei vereinfachte Wertpapierprospekte von der FMA zu billigen, vereinfachte Veranlagungsprospekte von einem Prospektkontrollor zu prüfen sind).
  7. Verstöße gegen die Prospektverordnung ziehen primär Verwaltungsstrafen nach sich, die bei natürlichen Personen bis EUR 700.000, bei juristischen Personen bis EUR 5 Mio oder 3% des Konzernumsatzes betragen können. Zudem behält der Gesetzgeber leider auch die gerichtliche Strafbarkeit von Verletzungen der Prospektpflicht, der Nachtragspflicht und der Pflicht zur Erstellung eines Rechenschaftsberichts (bis zu zwei Jahre Haft!) bei. Selbiges gilt für unrichtige vorteilhafte Angaben und Verschweigen nachteiliger Tatsachen zu erheblichen Umständen im Prospekt oder Rechenschaftsbericht.
  8. In den gemeinsamen Bestimmungen für Veranlagungen und Wertpapiere werden zahlreiche nationale Besonderheiten, etwa die Vorgaben für Verbrauchergeschäfte, die OeKB als Hinterlegungsstelle und die Emissionskalendermeldung, grundsätzlich beibehalten. Zumindest das besondere Rücktrittsrecht von Verbrauchern im Falle von unterlassenen Nachträgen soll jedoch entfallen. Außerdem gibt es künftig eine absolute Obergrenze für das Rücktrittsrecht bei fehlendem Prospekt (5 Jahre).

Damit lässt der Gesetzgeber einige Gelegenheiten liegen. Zunächst wäre eine weitere Angleichung von Wertpapieren und Veranlagungen schon im Sinne der Vereinfachung des Rechtsbestands begrüßenswert gewesen. Etwa gehört die Prospektbilligung – wie von selbiger auch gefordert – auch was Veranlagungen betrifft in die Hände der FMA, deren Prospektaufsicht meiner Wahrnehmung nach von allen Marktteilnehmern außerordentlich geschätzt wird. Um Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden und Verwaltungsaufwand zu reduzieren gehören aber insbesondere nationale Relikte wie der Emissionskalender abgeschafft. Die weiterhin bestehende gerichtliche Strafbarkeit für Verstöße gegen die Prospektpflicht ist – auch wegen der ohnehin abschreckenden Verwaltungsstrafen und sonstigen Sanktionen – rechtspolitisch nicht zu rechtfertigen.

Grundsätzlich erfreulich, wenn auch in seiner Bedeutung durchaus unklar ist ein Hinweis in den Erläuterungen, welcher wohl als Reaktion auf die jüngere OGH-Judikatur zum Rücktrittsrecht wegen Verletzung der Nachtragspflicht zu verstehen ist: „Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass die Feststellung von Prospektmängeln als Auslöser für die Nachtragspflicht sich naturgemäß auf die Zeit vor dem Ende des öffentlichen Angebots bezieht. Nur dann ist ein Nachtrag zu verfassen. Sobald das öffentliche Angebot geendet hat und vom Anbieter, Emittenten oder Anleger ein Mangel festgestellt wird, ist ein solcher Mangel gegebenenfalls ein Fall für Schadenersatz bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, aber kein Anlass für einen Nachtrag.

Inkrafttreten soll das neue KMG übrigens mit 21. Juli 2019, also am Tag der erstmaligen Anwendbarkeit der neuen Prospektverordnung. Entsprechend soll das KMG 1991 mit Ablauf des 20. Juli 2019 außer Kraft treten. Aufgrund der derzeitigen politischen Unsicherheit ist es jedoch ungewiss, ob das Gesetzgebungsverfahren bis dahin überhaupt abgeschlossen sein wird.

Mag. Gernot Wilfling

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