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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 6|2018

Kommission will Totgeburt wiederbeleben: Mit diesen regulatorischen Erleichterungen sollen KMU-Börsen attraktiver werden

14. Juni 2018

Die Europäische Kommission versucht mit einem neuen Gesetzesvorschlag, den bisher eher floppenden KMU-Wachstumsmarkt zu pushen. Ausgangspunkt sind öffentliche Konsultationen, die vor allem zwei Ursachen identifiziert haben: Auf der Angebotsseite leiden KMU-Emittenten laut Kommission unter den mit einer Börsennotierung verbundenen, hohen Compliance-Kosten und Verwaltungsaufwendungen. Auf der Nachfrageseite soll unzureichende Liquidität ein Negativanreiz für Emittenten, Anleger und Finanzintermediäre sein.

Dem will die Kommission nun begegnen. Durch eine Änderung der Marktmissbrauchsverordnung sollen die Kosten der Compliance mit diesem Rechtsakt für KMU gesenkt werden. Vorgesehen ist unter anderem eine Verlängerung der Frist für die Veröffentlichung von Directors‘ Dealings und eine Befreiung von den Aufzeichnungspflichten beim Aufschub von Insiderinformationen. Außerdem sollen KMU-Wachstumsmarkt-Emittenten künftig eine permanente Insiderliste führen dürfen, anstatt jeweils beim Vorliegen einer konkreten Insiderinformation minutiös jeden Insider aufzeichnen zu müssen (eine spürbare Erleichterung). Ausnahmen vom Market Sounding-Regime im Fall von Private Placements von KMU-Bonds sollen diesen Markt weiter ankurbeln. Bonds gelten im Übrigen künftig unabhängig von der Größe des Emittenten als KMU-Bonds, wenn das Gesamtangebotsvolumen an Bond-Emissionen des Emittenten (über einen 12-Monats-Zeitraum betrachtet) nicht mehr als EUR 50 Millionen beträgt. Außerdem können KMU-Marktbetreiber Bond-Emittenten vom Erfordernis, Halbjahresberichte zu veröffentlichen, ausnehmen.

Die Liquiditätsbereitstellung soll dadurch gefördert werden, dass die Gefahr von Marktmanipulation für den Bereitsteller (Finanzintermediär) eingedämmt wird. Dies durch Abschluss eines „liquidity provision contracts“ zwischen Emittent und Liquiditätsbereitsteller mit einem vordefinierten Mindestinhalt (ESMA wird eine Vorlage dafür bereitstellen). Außerdem soll ein Mindest-Streubesitz für KMU-Wachstumsemittenten vorgegeben werden (Höhe entscheidet der Marktbetreiber).

Zuletzt soll auch die Registrierung von Handelsplätzen als KMU-Wachstumsmärkte und der spätere Umstieg von Emittenten in einen regulierten Markt erleichtert werden (vereinfachter, sogenannter „transfer prospectus“, wenn der Emittent seit mindestens drei Jahren im KMU-Wachstumsmarkt ist).

Die Kommission selbst spricht von diesem Legislativvorschlag als ersten Schritt in die richtige Richtung und nicht als alleiniges Allheilmittel. Dem ist mE nichts hinzuzufügen. Gemeinsam mit den auf nationaler Ebene auf Schiene gebrachten Erleichterungen bei der Wachstumsfinanzierung (siehe dazu https://www.wirtschaftsanwaelte.at/kaptialmarktprospekte-erleichterungen-bei-der-wachstumsfinanzierung-in-sicht/) betrachtet bin ich jedoch der Meinung, dass das Kapitalmarktumfeld für KMU wieder deutlich freundlicher wird. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Bundesregierung ihrer Ankündigung, MTFs auch für österreichische Aktiengesellschaften wieder “aufzusperren“ Taten folgen lässt. Sonst wird es in Österreich keinen KMU-Wachstumsmarkt geben.

Wer sich für Details zur KMU-Börse interessiert, sollte sich den 27.9.2018, 18:30 Uhr, vormerken. Im Rahmen unseres Jour Fixe „Was Ihnen die Kapitalmarktunion bringt“ werden wir uns – unter anderem – mit diesem Thema vertieft auseinander setzen.

Mag. Gernot Wilfling

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