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Newsletter Kapitalmarktrecht Issue 4|2016

Nachrangdarlehen unter Beschuss

18. August 2016

Da das Einsammeln von Darlehen von einer Vielzahl an Personen durch ein Unternehmen vom VwGH als konzessionspflichtiges Einlagengeschäft beurteilt wurde, hat sich in der Praxis das (aufsichtsrechtlich zulässige) qualifizierte Nachrangdarlehen durchgesetzt. Dabei handelt es sich um eine von KMU häufig für Crowd-Finanzierungen verwendete Form, in deren ursprünglicher Ausprägung ein Unternehmen als Darlehensnehmer im Gegenzug für das Überlassen von Geldern seinen Darlehensgebern (der „Crowd“) für eine bestimmte Zeit fixe periodische Zinszahlungen und die Rückzahlung am Laufzeitende verspricht. Die Gläubigerstellung der Darlehensgeber ist jedoch nachrangig gegenüber anderen Gläubigern des Unternehmens und Zahlungen unter den Nachrangdarlehen sind von bestimmten Bedingungen abhängig. Sie entfallen etwa, bis ein allfälliges negatives Eigenkapital beim Unternehmen beseitigt ist und solange unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten aus den Darlehen beim Unternehmen ein Insolvenzeröffnungsgrund bestünde.  

Auch dagegen regt sich nun rechtlicher Widerstand, diesmal nicht von der Finanzmarktaufsicht sondern von den Konsumentenschützern. Der VKI hat in einem Verfahren vor dem LG ZRS Graz zahlreiche Klauseln eines Standard-Darlehensvertrags (unterliegen der strengen AGB-Kontrolle) beanstandet, unter anderem auch die Nachrangklausel selbst. In der erstinstanzlichen Entscheidung wurde diese nun als gröblich benachteiligend (879 Abs 3 ABGB) qualifiziert. Dem Darlehensgeber werde laut LG ZRS durch die qualifizierte Nachrangigkeit zwar unternehmerisches Risiko übertragen, dem bei einer Fixverzinsung aber keine entsprechende Beteiligung am unternehmerischen Erfolg gegenüberstünde.  

Sollte diese – eher karg begründete – Entscheidung durch die Instanzen halten, hätte das gravierende Auswirkungen:


Da die Nachrangklausel Voraussetzung für die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit von Darlehenskonstruktionen ist, wären Crowd-Finanzierungen über fixverzinsliche Darlehen damit wohl unmöglich.

Der Umweg über eine wertpapiermäßig verbriefte (nicht nachrangige) Unternehmensanleihe stünde – wie bisher – offen. Das Problem hierbei: Die derzeit in Österreich existierenden Crowdfunding-Plattformen dürfen diese mangels WAG-Konzession nicht vertreiben. Zudem müsste man sich wohl auch Gedanken darüber machen, in wie weit sich die Unwirksamkeit der Nachrangklausel auf andere hybride Finanzierungsformen auswirkt. In Betracht kämen etwa Hybridanleihen (mangels Beschränkung der Anwendbarkeit von § 879 Abs 3 ABGB auf Konsumenten, wäre dies nicht nur für an Kleinanleger platzierte Papiere relevant).


Unseres Erachtens sprechen allerdings die besseren Argumente für die zivilrechtliche Zulässigkeit der Nachrangklausel auch bei fixverzinsten Nachrangdarlehen. Ein detailliert begründeter Beitrag dazu erscheint in Kürze in der Zeitschrift für Finanzmarktrecht.

Mag. Mathias Ilg, MSc

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