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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 3|2022

Neues FMA-Rundschreiben zu Anforderungen an Informationen einschließlich Marketingmitteilungen

1. April 2022

Am 22.11.2021 hat die FMA ihr Rundschreiben zu den Anforderungen an Informationen einschließlich Marketingmitteilungen gemäß WAG 2018 und DelVO (EU) 2017/565 neu veröffentlicht. Die alte Version aus 2011 wurde in Folge der MiFID II außer Kraft gesetzt. Freilich ist einiges aus dem alten Rundschreiben ins Neue übernommen worden, manches kennt man auch aus der Judikatur, wieder andere Inhalte sind ganz neu. Nachfolgend finden Sie eine ausführliche Zusammenfassung des neuen Rundschreibens. In diesem Zusammenhang eine Erinnerung: Die FMA erwartet sich von einschlägig in Banken und Wertpapierfirmen Beschäftigten (etwa Mitarbeiter der Compliance-Abteilung), alle relevanten FMA-Rundschreiben zu kennen.

Das Rundscheiben beschäftigt sich natürlich mit der Auslegung von § 49 WAG und Art 44 DelVO 2017/565 („DelVO“). Diese Bestimmungen enthalten bzw konkretisieren die allgemeine Vorgabe an Informationen/Marketingmitteilungen der Redlichkeit, Eindeutigkeit und Nicht-Irreführung. Zudem sind zusätzliche Vorgaben zu beachten, wenn Vergleiche angestellt werden, wenn die Informationen einen Hinweis auf die frühere bzw künftige Wertentwicklung enthalten oder eine frühere Wertentwicklung simuliert wird. Ziel dieser Bestimmungen ist es, dass die Anleger auf Basis der von einem Rechtsträger zur Verfügung gestellten Informationen eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung treffen können.

Anwendungsbereich und Verantwortlichkeit

Die Ausführungen im Rundschreiben gelten im Anwendungsbereich des WAG bzw der DelVO für alle Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen, die Rechtsträger im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen (in der Folge auch als Dienstleistungen bezeichnet) an Kunden richten oder in einer Weise verbreiten, dass diese Personen wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen. Den Begriff der „Information“ fasst die FMA denkbar weit. Darunter fallen sämtliche Informationen und zwar unabhängig davon, ob diese in Papierform oder über elektronische Medien (wie über Websites, Apps oder Social Media Plattformen) zur Verfügung gestellt werden, ob der Rechtsträger zur Erteilung der Information gesetzlich verpflichtet ist oder nicht, ob sie werblicher Art sind oder nicht, ob sie sich an einen bestimmten Kundenkreis richten oder sich an einen unbestimmten Personenkreis wenden. Zudem umfasst die Information als Oberbegriff auch Marketingmitteilungen. Hinsichtlich der Kunden sind sämtliche WAG-Kundenkategorien (Privatkunden, professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien) umfasst. Die Pflichten gelten nicht zuletzt auch gegenüber potenziellen Kunden.

Für die Einhaltung der inhaltlichen Vorgaben an Informationen ist laut Rundschreiben grundsätzlich jener Rechtsträger verantwortlich, der diese an Kunden richtet oder in einer Weise verbreitet, dass diese wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen. Der Rechtsträger bleibt auch verantwortlich, wenn die Information über Dritte, die nicht Rechtsträger sind (etwa vertraglich gebundene Vermittler oder Wertpapiervermittler) an den Kunden gerichtet werden, soweit eine Information aus Sicht des Kunden als solche des Rechtsträgers erscheint. Auch wenn ein Rechtsträger von einem Dritten erstellte Informationen an Kunden richtet oder verbreitet, ist der Rechtsträger selbst für die Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen grundsätzlich in vollem Umfang verantwortlich. Der Rechtsträger ist nach FMA-Ansicht auch für Informationen von Dritten über Hyperlinks verantwortlich. Dies führt zu einer weiten Verantwortlichkeit des Rechtsträgers und gebietet daher bei externen Verlinkungen besondere Zurückhaltung.

Eine herabgesetzte Überprüfungspflicht anerkennt die FMA, wenn die Informationen von einem Dritten herangezogen werden, der selbst dem Anwendungsbereich der entsprechenden Regelung der MiFID II unterliegt. In diesem Fall darf sich der Rechtsträger grundsätzlich darauf verlassen, dass diese Informationen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, ausgenommen davon sind jedoch offensichtliche Verstöße.

Aus Art 22 Abs 2 DelVO leitet die FMA ab, dass vor der Veröffentlichung bzw Verbreitung von Informationen (auch) die Compliance-Funktion des Rechtsträgers einzubinden ist.

Redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationsdarstellung

Die FMA konkretisiert die Anforderungen an die Darstellung von Informationen, die ja gemäß § 49 WAG redlich, ehrlich und nicht irreführend sein müssen. In Art 44 DelVO ist insofern (gleichbedeutend) von fairen, klaren und nicht irreführenden Informationen die Rede. Vorgeschrieben ist zunächst die Nennung des Namens des Rechtsträgers (Art 44 Abs 2 lit a DelVO). Eine Information anonym zu gestalten oder unter einem Pseudonym oder Decknamen bzw Tarnnamen aufzutreten, ist somit laut FMA unzulässig. Nach FMA-Auslegung ist eine Information dann redlich, wenn sie den durchschnittlichen Angehörigen der Gruppe mit ausreichendem Wissen über die beworbene Dienstleistung bzw das beworbene Finanzinstrument versorgt, damit er auf dieser Grundlage eine fundierte Anlageentscheidung treffen kann. Hier ist bei Kleinanlegern Vorsicht angesagt: Die FMA verlangt umfangreiche Hinweise, um von einer redlichen Information ausgehen zu können (vgl die Hinweise im FMA-Beispiel auf S 8 des RS).

Eindeutig sind Informationen, wenn der Sinngehalt klar zum Ausdruck kommt. Die FMA verlangt dafür beispielweise, dass wenn in einer Information Angaben zur Verzinsung des eingesetzten Kapitals gemacht werden und die Ausschüttung der Zinsen bestimmten Bedingungen unterliegt, dass dann diese Bedingungen ebenfalls in der Information dargestellt werden müssen. Bei nicht vorgebildeten Kundengruppen sind laut FMA zum Beispiel die Begriffe „Partizipationskapital“ oder „Bonitätsrisiko“ näher zu erläutern.

Hinsichtlich der Nicht-Irreführung stellt die FMA klar, dass es auf den Verständnishorizont des durchschnittlichen Angehörigen der Zielgruppe ankommt. Dies unabhängig davon ob der Informationsübermittler die Information für irreführend hält oder die Irreführung beabsichtigt. Eine Irreführung liegt laut FMA zunächst natürlich bei falschen Informationen vor. So wäre es zum Beispiel irreführend, wenn bei einem Angebot von maßgeschneiderten Lösungen die Rede ist, in Wirklichkeit aber eine Portfolioverwaltung auf Basis von Musterportfolios angeboten wird. Irreführung liegt auch vor, wenn wesentliche Informationen weggelassen werden, etwa bei kapitalgarantierten Produkten verschwiegen wird, dass die Teilnahme an steigenden Kursen bei Eintritt gewisser Umstände nicht möglich ist. Vor dem Hintergrund der Nicht-Irreführung verboten sind laut FMA auch unsachgemäße Übertreibungen. Dies wäre etwa der Fall, wenn Mündelsicherheit oder eine Sicherheit wie bei einem Sparbuch angegeben wird, obwohl keine Mündelsicherheit gemäß den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben besteht oder doch ein Ausfallsrisiko des Emittenten besteht. Meinl lässt grüßen…

Bezüglich der Darstellung von Vorteilen und Risiken sei zu beachten, dass Informationen zutreffend sein müssen und stets redlich und deutlich auf etwaige Risiken hinweisen müssen, wenn sie Bezugnahmen auf mögliche Vorteile einer Dienstleistung oder eines Finanzinstruments enthalten (Art 44 Abs 2 lit b DelVO). Die FMA geht auch hier von einem sehr weiten Verständnis des Begriffs „Vorteil“ aus. Unter den Begriff „Vorteil“ fallen demnach grundsätzlich alle Informationen, die das Ziel verfolgen, den Kunden durch das Hervorheben positiver Aspekte zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten zu animieren. Wird also eine Dienstleistung oder ein Finanzinstrument in einer positiven Weise dargestellt, ist grundsätzlich schon von der Erfüllung des Vorteilsbegriffs auszugehen. Diese weite Auslegung ist der Lit und der WKO folgend zu kritisieren.

Wird nun ein Vorteil dargestellt (was wohl so gut wie immer der Fall sein wird), müssen laut FMA grundsätzlich auch die damit einhergehenden, korrelierenden Risiken angegeben werden. Die FMA anerkennt zumindest, dass Vorteile und Risiken nicht zwingenderweise in einem gegenüberstehenden Paar und auch nicht zwingend in derselben Anzahl dargestellt werden müssen, sondern insgesamt auf eine ausgewogene und sachgerechte Darstellung zu achten ist.

Besonders weit geht die FMA bei im engen Zusammenhang mit der Dienstleistung oder dem Finanzinstrument stehenden Vorteilen. Nach Ansicht der FMA muss bei der Depoteröffnung daher wenn Vorteile, wie keine Depotgebühr, keine Bindungsfrist etc, dargestellt werden, auf das Risiko hingewiesen werden, dass Veranlagungen in Finanzinstrumente mit erheblichen Verlusten verbunden sein können (vgl das FMA-Beispiel auf S 12 RS). Die FMA verlangt allgemein, dass Risiken von Dienstleistungen und Finanzinstrumenten gleichwertig mit deren Vorteilen darzustellen sind. Werden etwa die Vorteile einer Fremdwährung in Bezug auf ein Finanzinstrument dargestellt, so muss gleichermaßen über das eventuell einhergehende Fremdwährungsrisiko aufgeklärt werden.

Bezüglich der Verwendung von Graphiken, Diagrammen, Tabellen oÄ stellt die FMA klar, dass es unzulässig ist nur ein positives Szenario darzustellen, ohne gleichzeitig auch allfällige negative Entwicklungen in dem Szenario aufzunehmen (vgl hierzu die beiden FMA-Beispiele in Form von Graphiken S 13 f RS). Bezüglich der Schriftgröße und der graphischen Gestaltung sind die Risiken mindestens in der Größe anzuführen wie der Rest (insbesondere natürlich die Vorteile). Durch die graphische Gestaltung ist sicherzustellen, dass auch Risiken leicht erkennbar sind. So ist es etwa nicht zulässig, die Risiken mit einer anderen (schwerer lesbaren) Farbe darzustellen, als die Vorteile (vgl hierzu das FMA-Beispiel S 15 RS). Es entspräche nicht dem Grundsatz einer fairen, klaren bzw redlichen, eindeutigen und nichtirreführenden Information, wenn die Information über Vorteile und Risiken der Dienstleistung oder des Finanzinstruments an unterschiedlichen Stellen bzw in unterschiedlichen Dokumenten erfolgt. Diese Informationen sind gesamthaft und in einem unmittelbaren räumlichen und sachlichen Zusammenhang darzustellen. Dies gilt auch bei Informationen über elektronische Medien (Website, Apps oder Social Media Plattformen), sodass es etwa unzulässig ist, dort Vorteile darzustellen und die Risiken nur über Anklicken eines Links zur Verfügung zu stellen. Auch bei Teasern muss der Kunde laut FMA auf dieselbe Art und Weise über Vorteile und Risiken aufklären, wofür etwa Links zu den Risiken allein nicht ausreichen (siehe hierzu die beiden FMA-Beispiele S 13 f RS). Diese Vorgabe ist vor allem für Medien mit äußerst begrenztem Raum praktisch schwer umsetzbar.

Informationen haben aktuell und für die Art des genutzten Kommunikationsmittels relevant zu sein (Art 44 Abs 2 lit g DelVO). Das Aktualitätserfordernis ist laut FMA nicht durch einen Disclaimer ausschließbar. Daher empfehlen wir regelmäßige Aktualitätsüberprüfungen. Die FMA fordert in Informationen die Angabe des Informationstandes (etwa Stand 10/2021). Zumindest anerkennt die FMA aber, dass Informationen, welche über das Internet zum Herunterladen bereitgestellt werden (wie downloadbare PDF-Formate) und bei Informationen in Papierform zur Auflage in den Geschäftsstellen ein angemessener Zeitraum zwischen Produktion und Verbreitung berücksichtigt werden kann. Bei Informationen, die den Kunden nicht mehr zur Verfügung stehen sollen, empfiehlt die FMA, diese gänzlich von der Website zu entfernen und dafür so weit wie möglich Sorge zu tragen, dass diese Informationen auch nicht mehr über Suchmaschinen und Ähnlichem abrufbar sind. Wir unterstützen Emittenten und regulierte Rechtsträger regelmäßig dabei die Bestimmungen für Veröffentlichungen auf der Website einzuhalten (vgl https://www.mplaw.at/bereich/kapitalmarkt-und-bankrecht.html?p=produkte), was regelmäßig auch zu deren „Entrümpelung“ führt. Wichtig ist, dass die FMA klarstellt, dass durch das Aktualitätserfordernis eine individuelle Nachberatungspflicht grundsätzlich nicht ausgelöst wird.

Das gesamte Informationsmaterial, das den Kunden zur Verfügung gestellt wird, ist durchgängig in derselben Sprache zu halten, außer der Kunde hat sich bereit erklärt, Informationen in mehreren Sprachen zu akzeptieren (Art 44 Abs 2 lit f DelVO). Laut FMA können aber gängige englische Begriffe wie Bluechip, soweit diese für die angesprochenen Kunden verständlich sein dürften, verwendet werden.

Beziehen sich die Informationen auf eine bestimmte steuerliche Behandlung, ist deutlich und in räumlicher und sachlicher Nähe anzugeben, dass diese von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden abhängt und künftigen Änderungen unterworfen sein kann.

Die FMA weist auch noch darauf hin, dass in Informationen der Name einer zuständigen Behörde nicht in einer Weise genannt werden darf, die andeuten oder nahelegen würde, dass die Produkte oder Dienstleistungen des Rechtsträgers von der betreffenden Behörde gebilligt oder genehmigt werden (Art 44 Abs 8 DelVO).

Besondere Anforderungen an Marketingmitteilungen

Da weder das WAG 2018 noch die DelVO eine explizite Begriffsdefinition für Marketingmitteilungen enthalten, ist die FMA-Definition besonders interessant. Demnach kann eine Information im Allgemeinen dann als Marketingmitteilung qualifiziert werden, wenn diese darauf abzielt, den Adressaten zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung oder zum Erwerb eines Finanzinstruments zu bewegen (absatzfördernde Zielrichtung). Marketingmitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sein (§ 49 letzter Satz WAG 2018). Eine Marketingmitteilung ist laut FMA dann eindeutig als solche erkennbar, wenn sich daraus der Werbecharakter unzweifelhaft ergibt. Ergibt sich der Werbecharakter nicht unzweifelhaft (z.B. aus der Aufmachung), so ist die Marketingmitteilung gemäß FMA entsprechend als „Marketingmitteilung“, „Anzeige“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen. Daneben haben Marketingmitteilungen dieselben Anforderungen zu erfüllen, wie diese auch für Informationen gelten.  

Besondere Anforderungen an Wertentwicklungen und Fazit

Abschließend beschäftigt sich das Rundschreiben noch mit den Anforderungen an vergleichende Informationen, Wertentwicklungen und Simulationen. Hier beschränkt sich die FMA großteils auf die Wiedergabe der gesetzlichen Vorgaben des Art 44 DelVO. Erwähnenswert ist, dass die FMA etwa die Angabe „10% Wertzuwachs in den letzten fünf Jahren!” als unzulässig ansieht, wenn sie die Kernaussage oder alleinige Information einer Marketingmitteilung darstellt, weil damit Volatilitäten eines Finanzinstruments vollständig ausgeblendet werden. Vor dem Hintergrund, dass ein Hinweis auf eine frühere Wertentwicklung bei der Mitteilung nicht im Vordergrund stehen darf (Art 44 Abs 4 DelVO), überrascht das zwar nicht sonderlich. Am Markt angekommen ist diese Botschaft allerdings eindeutig noch nicht!

Vor dem Hintergrund des neuen FMA-Rundschreibens mit den teils sehr weiten Auslegungen der Begrifflichkeiten, raten wir Rechtsträgern jedenfalls dazu, ihre Kunden-Informationen auf Einhaltung der FMA-Auslegungen zu überprüfen. Wir unterstützen Sie bei Bedarf dabei sehr gern!

Dr. Sebastian Sieder

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