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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2023

OGH: Vorsicht bei der Formulierung eines Entsendungsrechtes hinsichtlich eines Geschäftsführers

9. Februar 2023

Mit einem Geschäftsanteil an einer GmbH sind bestimmte gesetzliche Rechte verbunden, etwa das Stimmrecht, das Recht auf Beteiligung am Gewinn oder Herrschafts- und Mitverwaltungsrechte. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einem Gesellschafter bestimmte Sonderrechte im Gesellschaftsvertrag vorzubehalten. Mit einem solchem Sonderrecht hatte sich der OGH in seiner Entscheidung vom 18.11.2022 zu 6 Ob 42/22b zu befassen.

Konkret ging es in der Entscheidung um ein Sonderrecht im Zusammenhang mit der Geschäftsführerbestellung. Solche Sonderrechte sind in der Praxis häufig in Gesellschaftsverträgen geregelt und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Reichweite. Unterschieden wird hierbei insbesondere zwischen Entsendungsrechten und Nominierungsrechten. Bei ersterem genügt der Entsendungsakt der Gesellschafterin, um eine Person wirksam zum Geschäftsführer zu machen. Zusätzliche Rechtsakte seitens der anderen Gesellschafter, der Gesellschafterversammlung oder der beklagten Gesellschaft sind nicht notwendig. Bei einem bloßen Nominierungsrecht bedarf es zusätzlich zur Nominierung noch einer Beschlussfassung durch die übrigen Gesellschafter. Dieses Recht ist somit nicht so stark ausgeprägt wie das Entsendungsrecht. Ob nun ein Entsendungsrecht oder „nur“ ein Nominierungsrecht vorliegt, ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages oder der Errichtungserklärung zu ermitteln.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war an der beklagten GmbH mit einem Geschäftsanteil von 23,41% beteiligt. Die Errichtungserklärung der GmbH enthielt unter anderem folgende Bestimmung: „Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Für die Dauer ihrer Beteiligung als Gesellschafterin hat die [Klägerin] das Recht auf Bestellung eines Geschäftsführers (Sonderrecht gemäß § 50 Abs 4 GmbHG).“

Laut OGH lässt sich aus dem verwendeten Begriff der „Bestellung“ nicht ohne weiteres zwingend darauf schließen, welche „Bestellungsvariante“ vereinbart wurde. Dies auch deswegen, weil hinsichtlich gesellschaftsvertraglicher Regelungen die Begriffe Namhaftmachungs(Nominierungs-)recht wie auch Entsendungsrecht gebräuchlich sind. Da hier im Vertrag weder ein „Entsendungsrecht“, noch ein „Recht, einen Geschäftsführer zu bestellen“ eingeräumt wurde, kann nicht von einem eindeutigen Wortlaut gesprochen werden. Der OGH bestätigte schließlich die Auslegung des Berufungsgerichtes, welches ein bloßes Nominierungsrecht annahm. Begründet wurde dies damit, dass ohne ausdrückliche Regelung, ob überhaupt ein Sonderrecht eingeräumt wurde, im Zweifel nicht von der Einräumung eines Sonderrechtes auszugehen ist. Diese Zweifelsregel gilt auch für den Umfang des eingeräumten Sonderrechtes, wodurch Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind. Auch im GmbHG wird zwischen den Begriffen „Bestellung bzw Wahl“ durch die Gesellschafter und „Entsendung“ durch bestimmte Gesellschafter unterschieden. Da im Vertrag der Begriff „Bestellung“ verwendet wurde, geht man aufgrund des Begriffsverständnisses des GmbHG von einem Nominierungsrecht aus. Ebenso wäre ein Nominierungsrecht die geringere Einschränkung der Rechte der anderen Gesellschafter. Die übrigen Gesellschafter sind in diesem Fall verpflichtet, für die Bestellung der nominierten Person zu stimmen, sofern nicht wichtige Gründe dem entgegenstünden.

Anhand dieser Entscheidung erkennt man, wie wichtig es ist Gesellschaftsverträge sorgfältig zu formulieren. Schon einzelne falsch gewählte Wörter reichen aus, um eine andere Rechtsfolge als die gewünschte herbeizuführen. Es empfiehlt sich bestehende Gesellschaftsverträge aus Anlass dieser Entscheidung zu prüfen und allenfalls anzupassen.

Dr. Martin Melzer, LL.M. / Jakob Schweighofer

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