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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 2|2019

Umsetzung der 2. Aktionärsrechterichtlinie in Österreich

10. April 2019

Soeben ist der mit Spannung erwartete Gesetzesentwurf erschienen, mit dem das Aktiengesetz an die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2017/828 („2. ARRL“) angepasst werden soll. Mit diesem „zweiten österreichischen Umsetzungspaket“ werden primär die Art 9a bis 9c der 2. ARRL betreffend Vergütungspolitik, Vergütungsbericht und Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen umgesetzt. Wir haben (unter anderem) über die diesbezüglichen Vorgaben der 2. ARRL bereits letztes Jahr unter dem Titel Die 2. Aktionärsrechterichtlinie bringt neue Herausforderungen für börsenotierte Unternehmen berichtet. Nachstehend erläutern wir einige Spezifika der (geplanten) nationalen Umsetzung.

Vergütungspolitik

Der Gesetzesentwurf stellt klar, dass die Vergütungspolitik vom Aufsichtsrat (der börsenotierten AG) aufzustellen ist.

Betreffend die (grundsätzlich alle vier Jahre zu veranlassende) Abstimmung der Aktionäre über die Vergütungspolitik ist vorgesehen, dass das Aktionärsvotum nur empfehlenden Charakter hat und nicht anfechtbar ist. Entsprechend der 2. ARRL ist im Fall der Ablehnung aber in der nächsten (gemeint wohl: ordentlichen) Hauptversammlung eine überarbeitete Vergütungspolitik vorzulegen. Beschlussvorschläge an die Hauptversammlung erstattet nun der Aufsichtsrat.

Der österreichische Gesetzgeber wird vom Wahlrecht gemäß Art 9a Abs 4 der 2. ARRL Gebrauch machen und Gesellschaften gestatten, unter außergewöhnlichen Umständen vorübergehend von ihrer Vergütungspolitik abzuweichen (dazu muss die Vorgehensweise im Anlassfall aber bereits in der Vergütungspolitik beschrieben werden). Als außergewöhnliche Umstände gelten nur Situationen, in denen die Abweichung von der Vergütungspolitik für die langfristige Entwicklung der Gesellschaft oder die Sicherstellung ihrer Rentabilität notwendig ist.

Vergütungsbericht

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass grundsätzlich der Vorstand und der Aufsichtsrat einer börsenotierten Gesellschaft den Vergütungsbericht aufzustellen haben. Die Aufbereitung soll aber primär dem Vorstand obliegen.

Das vorgesehene jährliche Votum der Hauptversammlung über den Vergütungsbericht wird empfehlenden Charakter haben und der Beschluss nicht anfechtbar sein. Beschlussvorschläge an die Hauptversammlung erstattet nun der Aufsichtsrat. Einer entsprechenden Wahlmöglichkeit in der 2. ARRL folgend wird der Gesetzgeber außerdem festlegen, dass KMU statt einer Beschlussfassung in der Hauptversammlung lediglich eine Erörterung machen können.

Für Aufregung hat in Zusammenhang mit dem Vergütungsbericht zuletzt insbesondere ein umfangreicher Entwurf der Europäischen Kommission für „Guidelines on the standardised presentation of the remuneration report“ gesorgt. Zu dessen Inhalt berichten wir, sobald der finale Text bekannt ist.

Hinsichtlich der Prüfpflicht des Abschlussprüfers ist vorgesehen, dass zwar die ordnungsgemäße Veröffentlichung des Vergütungsberichts (im Sinne einer Vollständigkeitsprüfung), nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen zu prüfen ist.

Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen

Künftig bedürfen „wesentliche Geschäfte“ von börsenotierten Gesellschaften oder ihren Tochtergesellschaften mit nahestehenden Unternehmen und Personen (es gilt die IFRS-Definition) der Zustimmung des Aufsichtsrats. Dies war wohl schon bisher so, es wird aber (zumindest in den Erläuterungen) klargestellt, dass eine Delegation der Beschlussfassung in einen Ausschuss des Aufsichtsrats unzulässig ist. Von der Wahlmöglichkeit, die Hauptversammlung zur Zustimmung zu berufen, nimmt der österreichische Gesetzgeber Abstand. Wesentliche Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen sind künftig bekanntlich regelmäßig auch (spätestens bei Abschluss des Geschäfts) öffentlich bekannt zu machen. Diese Veröffentlichungspflicht ähnelt zwar der (regelmäßig früher eintretenden) Ad-hoc-Pflicht, besteht aber grundsätzlich neben dieser parallel.

„Geschäft“ in vorstehendem Sinn ist weit zu verstehen und umfasst laut Erläuterungen auch „jede Übertragung von Ressourcen, Dienstleistungen oder Verpflichtungen zwischen der Gesellschaft und dem nahestehenden Rechtsträger“. Transaktionen aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder hoheitlicher Entscheidungen fallen jedoch nicht darunter.

„Wesentliche Geschäfte“ sind nur jene, deren Wert 10% der Bilanzsumme der Gesellschaft übersteigt, was den Anwendungsbereich deutlich einengt. Dies insbesondere auch deshalb, weil bei konzernabschlusspflichtigen Unternehmen die Bilanzsumme der IFRS-Konzernbilanz gilt. Geschäfte mit demselben nahestehenden Rechtsträger im selben Geschäftsjahr sind zusammenzurechnen.

Der Möglichkeit der 2. ARRL folgend definiert der österreichische Gesetzgeber einen Katalog an Geschäften, die (obwohl Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen oder Personen) keiner Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß dem neuen § 95a AktG und keiner öffentlichen Bekanntmachung bedürfen (für Details siehe § 95a Abs 7 AktG).

Zudem macht der Gesetzgeber von der Möglichkeit, über die Angemessenheit von Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen einen Bericht eines unabhängigen Dritten zu verlangen, keinen Gebrauch.

Sonstiges

Erfreulich ist auch, dass es voraussichtlich so gut wie keine neuen Sanktionen im Fall von Verstößen geben wird. Lediglich hinsichtlich jener Pflichten, die den Vorstand treffen, wird die Möglichkeit für das Firmenbuchgericht vorgesehen, die Befolgung mit Zwangsstrafen durchzusetzen. Verstöße durch die Organmitglieder wären freilich häufig Sorgfaltspflichtverletzungen und würden zu Schadenersatzpflichten und zum Vorliegen von Abberufungsgründen führen.

Insgesamt ist der Gesetzesentwurf aus unserer Sicht gelungen und bürdet den Unternehmen im Großen und Ganzen nicht mehr Lasten auf, als aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben unbedingt geboten.

Mag. Gernot Wilfling

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