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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 5|2021

Wie eine Pressemitteilung zu einer ad-hoc-pflichtigen Insiderinformation führen kann

1. Juli 2021

Der deutsche BGH hat sich kürzlich einmal wieder mit der Ad-hoc-Pflicht befasst. Es ging um eine Pressemitteilung eines Emittenten mit zum Teil unwahren Angaben (er hatte die Vermögens- und Ertragssituation deutlich zu positiv dargestellt und insbesondere falsche Angaben zur Risikovorsorge gemacht). Fraglich war, ob diese unrichtigen Angaben in der Pressemitteilung mittels einer Ad-hoc-Meldung richtigzustellen gewesen wären. Das deutsche Höchstgericht sieht es differenziert: Es solle darauf ankommen, ob dadurch eine „mitteilungspflichtige Insidertatsache“ entstanden ist. Dass durch eine falsche Pressemitteilung stets die Insiderinformation „diese Mitteilung ist falsch“ entstehe, lehnt der BGH dagegen zurecht ab.

Im Kern geht es dem deutschen Höchstgericht darum, dass mit der falschen Pressemitteilung beim verständigen Anleger eine Markterwartung geschaffen worden sein muss, die sich nicht mit den kursrelevanten Tatsachen deckt. Hat die Pressemitteilung dagegen keinen Einfluss auf die Markterwartung des verständigen Anlegers gehabt, dann führe sie auch nicht zum Vorliegen einer veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation.

Letztlich hat der BGH über die Frage, ob die falsche Pressemitteilung im konkreten Fall zum Vorliegen einer Insiderinformation geführt hat, nicht abschließend befunden, sondern die Vorinstanzen mit der Feststellung, welche Markterwartung durch die Pressemitteilung geschaffen wurde, beauftragt – wie diese Aufgabe seitens der Gerichte nun bewältigt werden wird ist sicher nicht weniger spannend als die Entscheidung selbst. Dass einige Monate nach der streitgegenständlichen Pressemitteilung eine Ad-hoc-Mitteilung erfolgte, welche einen Kursrutsch auslöste, reicht laut BGH jedenfalls nicht aus, um rückwirkend auf den Zeitpunkt der Pressemitteilung das Vorliegen einer Insiderinformation anzunehmen.

Die Entscheidung ist durchaus bemerkenswert. Sie zeigt vor allem einmal mehr, wie sorgfältig gelistete Unternehmen bei jeglicher Kapitalmarktkommunikation vorzugehen haben. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Amtliche Handel Emittenten. Die MAR als (mittlerweile) einschlägige Rechtsgrundlage gilt auch dann, wenn die Aktien eines Unternehmens (mit dessen Willen) zum Handel in das Vienna MTF (etwa direct market, direct market plus) einbezogen sind.

Mag. Gernot Wilfling

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