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Newsletter Gesundheit und Recht aktuell Issue 3|2016

Haftung: Wenn ein falsches Medikament verabreicht wird

31. Mai 2016

Welche (straf)rechtlichen Folgen es haben kann, wenn ein falsches Medikament verabreicht wird, zeigt nicht nur der laut Medienberichten (nicht rechtskräftig entschiedene) Fall einer Ärztin, die einem Patienten eine Injektion an falscher Stelle gesetzt haben soll, was zum Tod dieses Patienten führte. Auch ein anderer (vor Kurzem höchstgerichtlich entschiedener) Fall zeigt, wie genau sich Ärzte mit einem Medikament auseinandersetzen sollten, bevor sie es verabreichen.

Eine Patientin wurde im Zuge einer ärztlichen Behandlung bei einer Lokalanästhesie an ihrer Nasenschleimhaut verätzt. Der behandelnde Arzt hatte dafür eine Lösung verwendet, die falsch hergestellt worden war. Bezogen hatte der Arzt die gegenständliche Lösung von einer Apotheke, die ihm diese Lösung bis zu jenem Vorfall schon mehrmals und immer in der richtigen Zusammensetzung geliefert hatte. Die Flasche der falsch gemischten Lösung wies eine Zutatenliste auf, aus der hervorging, dass es sich um eine Lösung mit Alkohol in hoher Konzentration handelt. Die Abweichung in der Zusammensetzung von den bisherigen Lieferungen dieser Lösung wäre für den Arzt daher erkennbar gewesen. Der Arzt behandelte die Klägerin, ohne die auf dem Etikett angeführte Zutatenliste zuvor gelesen zu haben. Er vermutete, dass die Lösung die gleiche Zusammensetzung aufwies, wie die zuvor bezogenen.  

Der Oberste Gerichtshof erkannt darin eine Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes und folgerte rechtlich, dass ein


„[…] Arzt jedenfalls vor der erstmaligen Anwendung einer neuen Flasche (Anm.: einer Arznei) prüfen muss, ob der Inhalt seiner Verschreibung entspricht. Dabei darf er sich gerade bei magistralen Zubereitungen nicht darauf verlassen, dass seiner Verschreibung entsprochen wurde, wenn Gegenteiliges augenfällig ist“.


Der Arzt hätte unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt also die Aufschrift auf der Flasche der (falsch zusammengesetzten) Lösung prüfen müssen, auch wenn er dieselbe Lösung schon mehrfach vom selben Lieferanten bezogen hatte. Da er dies unterlassen hat, war er gegenüber der geschädigten Patientin schadenersatzpflichtig (OGH 30.03.2016 4Ob42/16d).

Dr. Michael Straub, LL.M.

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