Die besondere Situation des Bauunternehmens
Bau- und Bauträgerunternehmen agieren unter besonders schwierigen Bedingungen. Einerseits sind sie zunehmend langfristigen Haftungen infolge von Mängeln und Bauschäden ausgesetzt (das Unternehmen haftet bis zu 30 Jahre für schuldhaft verursachte Mängel und deren Folgeschäden). Jedes Projekt hat andere Regeln und Rahmenbedingungen. Dazu kommt, dass sich gerade in der Baubranche viele Familienunternehmen finden, deren Strukturen historisch geprägt sind. Die Bündelung sämtlicher Aktivitäten in einer Gesellschaft (oft sind nicht einmal Betriebsliegenschaften in gesonderten Strukturen organisiert) führt zu einem nicht unerheblichen Klumpenrisiko.
Gerade Unternehmen, die in solch haftungsträchtigen Branchen tätig sind, sollten eine durchdachte und sorgfältig geplante, haftungsoptimierende gesellschaftsrechtliche Struktur haben. Diese ist auch in Hinblick auf den Generationenwechsel im Unternehmen wesentlich.
Umstrukturierungsprozesse bieten viele Chancen, ein Unternehmen für eine erfolgreiche Zukunft fit zu machen. Ziel sollte dabei immer sein, die optimalen Rahmenbedingungen für die Unternehmung zu schaffen. Insbesondere die folgenden Bereiche sollten hierbei optimiert werden:
- die Haftungsstruktur
- die Kontrollstruktur
- die steuerlichen Rahmenbedingungen
- das Unternehmensnachfolgekonzept.
Im Folgenden soll auf die Themenbereiche Haftung und Unternehmensnachfolge eingegangen werden, da sie im besonderen Maße für Bau- und Immobilienunternehmen relevant sind:
Optimierung der Haftungsstruktur
Die Beurteilung von Chancen (etwa Mehrkostenpotential bei laufenden Projekten) und Risken (etwa Einschätzung der Schadens- oder Gewährleistungsfälle) aus der laufenden Tätigkeit, aber auch in Hinblick auf bereits abgeschlossene Projekte ist im Rahmen von Transaktionen oder gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen erforderlich und bedarf profunder Kenntnisse der branchenspezifischen Besonderheiten und baurelevanter Sondergesetze (etwa im Bereich der Ausländerbeschäftigung oder der Arbeitskräfteüberlassung). Das spielt einerseits bei Kauf- und Verkaufsprozessen (etwa bei Durchführung einer Due Diligence) eine Rolle; andererseits auch bei der Beurteilung der Haftungssituation des Unternehmens zur Analyse von Klumpenrisken oder der Identifikation besonders riskanter Unternehmensbereiche.
Ein wichtiges Thema der Zukunft wird die Haftung von Geschäftsführungsorganen sein. Unter dem Schlagwort „Business Judgement Rule“ wurde 2016 eine Haftungsregel gesetzlich verankert, die dem Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen einen haftungsfreien Bereich bei unternehmerischen Ermessensentscheidungen eröffnet und deren Regeln jeder Geschäftsführer kennen sollte.
Unternehmensnachfolgeplanung
Schlecht oder überhaupt nicht geplante Unternehmensnachfolgen können verheerende Auswirkungen auf Unternehmen haben. Man denke etwa an den Unternehmensnachfolger, der mit hohen Pflichtteilsansprüchen konfrontiert wird. Oft führt dies mangels Liquidität zu einer Zersplitterung oder einem Verkauf des Unternehmens. Ein weiteres Szenario sind etwa die minderjährigen Erben des Unternehmers, die mangels eines Testaments zu Gesellschaftern werden. Bei nahezu jeder Entscheidung ist dann die Zustimmung des Pflegschaftsgerichts einzuholen.
Gerade für Bau- und Immobilienunternehmen, die traditionell oft Familienunternehmen sind, ist die sorgfältige Nachfolgeplanung ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den gelungenen Generationenwechsel. Die neuen gesetzlichen erbrechtlichen Rahmenbedingungen seit 2017 haben hier etwa im Zusammenhang mit der Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs neue Möglichkeiten eröffnet, die es zu nutzen gilt.
Fazit
Gerade das Bauunternehmen hat die Möglichkeit, über gesellschaftsrechtliche Optimierung Risken zu begrenzen und Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Dafür bedarf es umfassender gesellschaftsrechtlicher Expertise in Verbindung mit baurechtlichem und branchenspezifischem Knowhow.
DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.