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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2022

Judikatur – Formpflicht bei Aufgriff von GmbH-Anteilen (OGH 25.11.2020, 6 Ob 198/20s)

17. März 2022

Die Übertragung von GmbH-Anteilen ist an strenge Formvorschriften gebunden. Ein Notariatsakt ist nach der ständigen oberstgerichtlichen Rsp sowohl für das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft notwendig, sollte der Abschluss beider Geschäfte zeitlich auseinanderfallen. Gleichermaßen unterliegen der Formpflicht Vereinbarungen, die den künftigen Abschluss eines GmbH-Gesellschaftsvertrags zum Gegenstand haben. Wird ein solcher Vorvertrag nicht in Form eines Notariatsakts abgeschlossen, ist er ungültig.

Zu diesen bereits ausjudizierten praktischen Fallgestaltungen ist nun eine weitere hinzugekommen: In vielen Gesellschaftsverträgen ist ein Aufgriffsrecht zugunsten der Mitgesellschafter vereinbart. Möchte ein Gesellschafter seinen Anteil an Dritte verkaufen, hat er ihn zunächst den Mitgesellschaftern zum Aufgriff anzubieten. Der OGH urteilte nunmehr, dass auch ein derartiges Anbot in Form eines Notariatsakts abgegeben werden muss. Die Annahme eines formungültigen Anbots, die ebenfalls den strengen Formvorschriften unterliegt, wäre daher ebenfalls nicht wirksam.

Dies klingt zwar nach überbordetem Formalismus und ist auch unproblematisch, wenn sich die Parteien ohnehin einig werden. Probleme können sich aber ergeben, wenn dies eben nicht der Fall ist. So ist den Mitgesellschaftern gesellschaftsvertraglich in der Regel eine Frist gesetzt, in der ihnen die Ausübung des Aufgriffsrechts zusteht. Wenn aber nie ein formgültiges Anbot gelegt wurde, ist zweifelhaft, ob die Frist jemals zu laufen beginnen kann. Im Zweifel ist es daher selbst bei vermeintlich einfach erscheinenden Vorgängen empfehlenswert, sich rechtskundige Unterstützung zu holen.

DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.

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