1. Einleitung
Im gegenständlichen Verfahren ging es um die (nacheheliche) Aufteilung des Ehevermögens. Der Mann war während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die ein Unternehmen betreibt, und ist dies nach wie vor.
Das Besondere an dieser Konstellation war jedoch, dass der Mann in den Jahren vor dem Aufteilungsstichtag, die Gewinne der GmbH nicht entnommen, sondern diese thesauriert hat. Nach den Feststellungen des Urteils, tat er dies nicht in Umgehungsabsicht, sondern weil er aufgrund leidvoller Erfahrungen für schlechte Geschäftszeiten vorsorgen wollte.
Im Kern beantragte die Frau die Aufteilung der thesaurierten Gewinne, genauer: die Aufteilung des dem Mann zustehenden Anspruchs auf Gewinnausschüttung nach § 82 GmbHG.
2. OGH Entscheidung (OGH 14.12.2021, 1 Ob 211/21t)
Der OGH verneinte diesen Anspruch nicht nur. Er sprach sogar aus, dass es sich hierbei um keine die Zuständigkeit des Höchstgerichts begründende erhebliche Rechtsfrage handelt. Dazu wie folgt im Detail:
Wird die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter die Ehegatten aufzuteilen. Nicht der Aufteilung unterliegen unter anderem Sachen, die zu einem Unternehmen gehören oder Anteile an einem Unternehmen.
Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wertet Erträge eines Unternehmens solange als unternehmenszugehörig und damit der Aufteilung entzogen, als sie nicht für unternehmensfremde (private) Zwecke umgewidmet wurden; erst mit der Umwandlung in eheliches Vermögen oder der Umwidmung in Ersparnisse gehören sie als eheliche Ersparnisse zur Aufteilungsmasse. Bloßes Stehenlassen des Jahresüberschusses hat keine Umwandlung zur Folge.
Zutreffend hat der Mann zwar als Alleingesellschafter den Anspruch, dass der Jahresüberschuss an ihn voll ausgeschüttet wird. Jedoch zählt dieser Anspruch – anders als die Frau meint – nicht zu den ehelichen Ersparnissen, wurde er vom Mann doch noch nicht – durch Einforderung und Übertragung des Geldes ins Privatvermögen – realisiert.
Der aus dem Unterhaltsrecht bekannte Anspannungsgrundsatz hilft der Antragstellerin nicht weiter. Zwar besteht nach diesem die Obliegenheit, die Möglichkeiten und Fähigkeiten Einkommen zu erzielen und damit das Vermögen zu erhöhen, im Rahmen des Zumutbaren auszunutzen. Jedoch kann dieser Grundsatz mangels gesetzlicher Regelung nicht einfach auf das nacheheliche Aufteilungsrecht übertragen werden. Die Frau drang mit ihrem Begehren also nicht durch.
3. Fazit
Dem Begehren der Frau ist durchaus ein kreativer Ansatz zuzugestehen. Die Entscheidung des OGH fällt allerdings wenig überraschend aus. Nach den Entscheidungsgründen liegt dies vor allem daran, dass die vermeintliche Umwidmung durch bloßes Stehenlassen der Gewinne nicht nachvollziehbar dargelegt werden konnte; ferner daran, dass der Mann dafür einen „plausiblen Grund“ hatte. Erfolgt die Thesaurierung umgehungshalber, kann eine Anspannung möglich sein. Allerdings auch da nur im Unterhaltsrecht.
Dr. Martin Melzer, LL.M. / Mag. Dominik Szerencsics