Grundsätzlich wird eine Verlassenschaft von den erbantrittserklärten Erben vertreten. Wenn es jedoch zB keine oder nur unbekannte Erben gibt, widerstreitende Erbantrittserklärungen vorliegen, oder der Kurator von den Gläubigern oder den Erben beantragt wird, dann hat das Gericht einen Verlassenschaftskurator für die Vertretung und Verwaltung der Verlassenschaft zu bestellen. Der Verlassenschaftskurator kann im Rahmen der ordentlichen Verwaltung die notwendigen Vertretungsmaßnahmen selbst setzen. Für außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen benötigt er die Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts.
Ist eine Gesellschaft nachlasszugehörig, hat der Kurator auch bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen mitzuwirken bzw die Gesellschaft zu verwalten. Wo die Grenzen dieser Verwaltungsbefugnis liegen, hat der OGH in seiner Entscheidung 2 Ob 158/21f analysiert.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Verstorbene war Mehrheitsgesellschafter (90%) einer GmbH. Noch zu Lebzeiten des Verstorbenen wurde die Fremdfinanzierung einer Produktionshalle vereinbart. Aufgrund einer damit zusammenhängenden Garantieerklärung des AWS benötigten die Kreditnehmerin und deren Gesellschafter für eine Gewinnausschüttung eine Zustimmung des AWS. Nach dem Tod des Verstorbenen wurde im Gesellschaftsvertrag der aufschiebend bedingte Beschluss gefasst, dass die Generalversammlung die Ausschüttung und die Verwendung des Bilanzgewinnes entscheidet. Der Verlassenschaftskurator – als Vertreter der Verlassenschaft – beantragte den Beschluss zu genehmigen.
Laut OGH gehört es aber nicht zur Aufgabe des Verlassenschaftskurators, im Rahmen der Verwaltung eines Geschäftsanteiles an solchen gesellschaftsrechtlichen Vorgängen mitzuwirken, deren Zweck erst zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Kuratel schon beendet ist. Dazu führte er aus, dass bei Vertretungshandlungen des Kurators ein strengerer Maßstab angewendet wird, als bei der Vertretung durch die Erben. Da bei Vertretungshandlungen, die außerhalb des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs liegen, die gerichtliche Zustimmung benötigt wird, können nur solche Handlungen genehmigt werden, die im Interesse der Verlassenschaft liegen, also für diese von Vorteil sind. Es genügt nicht, dass die Handlungen für die Verlassenschaft nur „nicht offenbar nachteilig“ sind. Es ist dem Kurator allgemein nicht gestattet, den Nachlass so zu verwalten, dass er zukunftsorientierte Entscheidungen trifft. Dies wäre nur möglich, wenn es eine Anordnung des Verstorbenen gewesen sei, die Satzungsänderung schon zu Lebzeiten des Verstorbenen in die Wege geleitet wurde oder bei Sanierungsmaßnahmen, wenn sonst Nachteile für das Unternehmen bestehen würden.
Dr. Martin Melzer. LL.M. / Mag. Jakob Schweighofer