- Sachverhalt
In dieser Entscheidung geht es um die Interpretation eines Schenkungsvertrags, abgeschlossen zwischen einem A und B. Inhalt dieser Schenkung war der Familienbetrieb (Liegenschaften und Kommanditanteile). Punkt 6 dieses Schenkungsvertrags besagt, dass „der Geschenkgeber A den ausdrücklichen Wunsch äußert, dass im Falle des kinderlosen Ablebens von B sämtliche Schenkungsobjekte dem Kläger C vermacht werden sollen. Der Geschenknehmer B nimmt diesen Wunsch ausdrücklich zur Kenntnis.“
Nach dem Tod von A setzte dieser B zum Alleinerben ein. B übertrug die Vermögenswerte später auf die beklagte Gesellschaft und dann auf eine von ihm gegründete Privatstiftung. Im Jahr 2020 entschied B, dass der Kläger C weder der Begünstigte der Privatstiftung sein soll noch die Geschäftsführung des Familienbetriebs in Zukunft übernehmen soll. B verstarb 2022 kinderlos.
Der Kläger C verlangte daher die Herausgabe der geschenkten Vermögenswerte, gestützt auf den Schenkungsvertrag.
- Rechtliche Beurteilung des OGH
Der Oberste Gerichtshof sprach aus, dass für unentgeltliche Verträge, einschließlich Schenkungsverträge, die Vertrauenstheorie maßgebend ist, sodass die Auslegung nach §§ 914 f ABGB zu erfolgen hat. Bei der Auslegung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien ist die Absicht der Parteien unter Berücksichtigung des Wortlauts, der redlichen Verkehrsübung sowie des Verhaltens und der Erklärungen der Parteien, gemessen am Empfängerhorizont, heranzuziehen.
Mangels rechtlicher Verpflichtung des B, die ihm von A geschenkten Vermögensgegenstände an den Kläger C weiterzugeben, fehlt dem Herausgabeanspruch des Klägers die Grundlage.
- Fazit
Bei der Formulierung von letztwilligen Verfügungen, aber auch (wie hier) von Schenkungsverträgen mit erbrechtlichen Implikationen ist besonderes Augenmerk auf die sorgfältige Formulierung zu richten. Die Parteienabsicht sollte sich unzweifelhaft aus dem Vertrag ergeben.
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