Sachverhalt
Eine aktuelle Entscheidung des OGH widmet sich der Frage, ob für die Änderung der Stiftungserklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter eine Generalvollmacht ausreicht oder ob hierfür eine Spezialvollmacht erforderlich ist.
Im konkreten Fall wurde die Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde beantragt, welche vom Sohn des Erststifters als dessen rechtsgeschäftlich bevollmächtigter Vertreter verfasst wurde.
Der Erststifter hat sich in § 13 Abs 1 der Stiftungsurkunde das Recht vorbehalten, Änderungen an der Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und -zusatzurkunde) alleine vornehmen zu dürfen. Zudem hat er sich in der Stiftungserklärung auch weitere wesentliche Rechte vorbehalten.
Er erteilte schließlich seinem Sohn eine allgemeine und unbeschränkte Vollmacht zur Ausübung sämtlicher ihm in der Stiftung zukommenden Stifterrechte gegenüber der Privatstiftung. Die Vollmacht beinhaltete eine abstrakte Auflistung von Maßnahmen für deren Vornahme der Vollmachtnehmer insbesondere auch ermächtigt war.
Rechtliche Beurteilung des OGH
Der OGH musste nun entscheiden, ob diese allgemeine Vollmacht zur Ausübung der Änderung der Stiftungserklärung ausreichend ist oder ob hierfür eine Spezialvollmacht erforderlich ist. Hierzu sprach er folgendes aus:
Zur Frage der Vertretung des Stifters bei der Errichtung der Stiftung oder der Wahrnehmung seiner Stifterrechte und sohin zur Frage, welche Art von Vollmacht für die rechtsgeschäftliche Vertretung notwendig ist, finden sich im Privatstiftungsgesetz keinerlei Regelungen.
Da die Änderung einer Stiftungserklärung für den Geschäftsherrn regelmäßig gefährlich, ungewöhnlich und wichtig ist, ist für die rechtsgeschäftliche Vertretung bei einer Änderung der Stiftungserklärung § 1008 Satz 2 ABGB analog heranzuziehen, welcher für bestimmte Geschäfte eine besondere, für das einzelne Geschäft erteilte Spezialvollmacht verlangt.
Der erkennende Senat hat sich daher der herrschenden Auffassung angeschlossen, wonach die Änderung der Stiftungserklärung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter einer Spezialvollmacht bedarf. Eine solche lag im gegenständlichen Fall nicht vor. Der Sohn war daher nicht zur rechtsgeschäftlichen Vertretung des Erststifters befugt und konnte keinen rechtswirksamen Beschluss auf Änderung der Stiftungserklärung fassen.
Auswirkungen auf Vorsorgevollmachten?
Die spannende Frage, die diese Entscheidung aufwirft, ist, ob die in Vorsorgevollmachten enthaltene „allgemeine“ Vollmacht zur Ausübung von Stifterrechten ausreichend ist oder nicht.
Nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre ist in Vorsorgevollmachten bei solchen Angelegenheiten, für welche grundsätzlich eine Einzelvollmacht erforderlich wäre, eine allgemeine Vollmacht mit Angabe der jeweiligen Gattung des Geschäfts iSd § 1008 Satz 3 ABGB ausreichend (2 Ob 88/18g).
Ob eine solche allgemeine Vollmacht mit Angabe der Geschäftsgattung auch für die rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Änderung der Stiftungserklärung genügt, lässt der OGH in der gegenständlichen Entscheidung zwar leider offen. UE ist dies aber mit der herrschenden Lehre zu bejahen.
Martin Melzer/Nina Huber
Hier geht es zum Newsletter Privatstiftungen Issue 3|2024