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PRIVATSTIFTUNG, NACHEHELICHE AUFTEILUNG UND AUSKUNFTSANSPRUCH EINES EHEGATTEN (1 Ob 180/23 m)

29. April 2024

Erneut hat Müller Partner beim Chambers Ranking im Bereich Real Estate: Construction sehr gute Ergebnisse erzielt und konnte somit die Positionierung unter den Top-Kanzleien Österreichs halten.

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Das Baurechts-Team freut sich über exzellente Bewertung, wie “They have a very powerful and versatile team, where everyone contributes their strengths.” und “They are a very competent and high-quality firm.”

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Hier gehts zum Ranking

Sachverhalt

Die Entscheidung widmet sich der Frage, unter welchen Voraussetzungen das Manifestationsbegehren (Auskunftsanspruch nach Art XLII EGZPO) im Aufteilungsverfahren gegen einen Ehepartner in Hinblick auf die in eine Privatstiftung eingebrachten Vermögenswerte erfolgreich sein kann. Zudem beschäftigt sich der OGH erneut mit der Frage der Einbeziehung von Stiftungsvermögen in die nacheheliche Aufteilung und bestätigt die herrschende Meinung.

Die Ehe der Parteien wurde unter Ausspruch des alleinigen Verschuldens des Mannes geschieden. Der Ehemann begehrte anschließend die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Die Ehefrau begehrte zeitlich später dasselbe, zudem nach Ablauf der einjährigen Präklusivfrist des § 95 EheG Auskunft über die vom Ehemann in eine Privatstiftung eingebrachten Vermögenswerte. Darüber hinaus brachte sie vor, der Ehemann habe eine Stiftung während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft errichtet und habe sich weitreichende Änderungsrechte in der Stiftung vorbehalten. Die ehelichen Ersparnisse des Mannes in der Privatstiftung sowie außerhalb „weisen vermutlich eine Größenordnung von rund 9 Millionen EUR bis 15 Millionen EUR auf“. Konkrete Angaben zu diesem Vermögen verschweige bzw verheimliche der Mann. Er habe bislang insbesondere keine Auskunft erteilt, welches Vermögen und welche Ersparnisse er angespart habe, welche Vermögenswerte er in die Privatstiftung eingebracht habe, welches Vermögen und welche Ersparnisse dort hieraus angespart worden seien etc.

Die Ehefrau verlangte hierzu eine umfassende Offenlegung aller Vermögenswerte. Gestützt auf Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO verlangte sie insbesondere auch eine Offenlegung aller Vermögenswerte, welche der Ehemann in die Privatstiftung eingebracht und/oder von dieser erhalten hatte. Der Mann brachte lediglich vor, dass der Anspruch der Ehefrau infolge Fristablaufs des § 95 EheG erloschen sei.

Rechtliche Beurteilung des OGH

Der OGH musste entscheiden, ob der Antrag der Ehefrau verjährt war und wenn nicht, ob der Ehefrau das Auskunftsrecht (im Hinblick auf das Stiftungsvermögen) zusteht. Hierzu sprach er folgendes aus:

Verjährung

Der Ehemann stellte seinen Aufteilungsantrag innerhalb der einjährigen Frist des § 95 EheG. Das Begehren auf Auskunftserteilung der Ehefrau war laut OGH nicht verfristet, weil im Falle eines rechtzeitig gestellten Aufteilungsantrags eines der Ehepartner dieses Begehren analog zu Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO im Hinblick auf eine mögliche Ausgleichszahlung auch noch nach Ablauf dieser Frist erhoben werden kann.

Manifestationsbegehren

Im außerstreitigen Aufteilungsverfahren besteht ein Anspruch auf Auskunftserteilung in analoger Anwendung der Regelung des Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO. Dieser regelt, dass jemand, der von von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat (8 Ob 255/99d, SZ 73/45), sodass der konkrete Verdacht auf Verschweigen oder Verheimlichen von Vermögenswerten besteht , mittels Urteil dazu verpflichtet werden kann, seine Kenntnisse unter Eid anzugeben.

Im Aufteilungsverfahren erstreckt sich die Auskunftspflicht konkret nur auf das Vermögen, das zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden oder dessen Wert gemäß § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist. In die Privatstiftung eingebrachtes eheliches Vermögen war im konkreten Fall vom Antrag des Ehemannes nicht umfasst. Da die Ehefrau ihren eigenen Antrag erst nach der Jahresfrist des § 95 EheG stellte, könnte dieses Vermögen nur noch wertmäßig für die Ausgleichszahlung des § 91 Abs 1 EheG herangezogen werden.

  • 91 Abs 1 EheG soll Benachteiligungen eines Ehegatten vorbeugen, wenn der andere in einem Zeitraum, in dem sich die Auflösung der Ehe bereits anzukündigen droht, eine unangemessene Verringerung des ehelichen Gebrauchsvermögens und/oder der ehelichen Ersparnisse herbeiführt. Erfasst wird dabei jede Verringerung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, die ohne – zumindest stillschweigende – Zustimmung des Partners erfolgt und in ihrer Weise der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht.

Die Zuwendung ehelichen Vermögens an eine Privatstiftung steht regelmäßig im Widerspruch zur bisherigen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehepartner. Hat sich der Stifter das Recht der Änderung der Stiftungserklärung und auf Widerruf der Privatstiftung nicht vorbehalten und stehen ihm dadurch keine Einfluss- und Verfügungsrechte (mehr) zu, kommt es bei Einbringung von Ehevermögen in die Privatstiftung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten zur Anwendung des § 91 Abs 1 EheG. Um Vermögensverschiebungen von Ehevermögen in die Privatstiftung auszugleichen, hat das Gericht dem Ehepartner des Stifters daher eine Ausgleichszahlung zuzusprechen. Dabei ist die Zwei-Jahresfrist der genannten Bestimmung zu beachten, wobei zu differenzieren ist, ob der Stifter sich umfassende Rechte vorbehalten hat. Wenn sich der Stifter nämlich das Recht vorbehalten hat, die Stiftung zu ändern oder zu widerrufen und dadurch Einfluss- und Verfügungsrechte behält, beginnt die Zwei-Jahres-Frist gemäß § 91 Abs 1 EheG erst, wenn der Stifter auf diese Rechte verzichtet.

Als Begünstigter der Privatstiftung kommen dem Ehemann nach § 30 PSG ein Auskunftsanspruch und ein Einsichtsrecht zu. Die Ehefrau kann daher auf Grundlage der analogen Anwendung des Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO – bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen – Auskunft über den Wert des in die Stiftung eingebrachten Ehevermögens zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft verlangen, um allenfalls in der Folge eine Ausgleichszahlung geltend zu machen.

Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die begehrte Auskunftserteilung (das Verschweigen oder Verheimlichen von Vermögen durch den Mann) trifft die Frau. Um fehlende konkrete Behauptungen zu ergänzen, wurde die Familienrechtsache im konkreten Fall zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Fazit

Im ehelichen Aufteilungsverfahren kann es durchaus sein, dass den Ehepartnern, gestützt auf Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO, ein Auskunftsrecht über den Wert des in die Stiftung eingebrachten ehelichen Vermögens zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zukommt. Der Ehepartner kann demnach bei Vorliegen der Voraussetzungen für diesen Auskunftsanspruch vom Stifter Auskunft über das in die Privatstiftung eingebrachte eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse verlangen.

Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die begehrte Auskunftserteilung trifft den Ehepartner, welcher das Auskunftsrecht ausüben möchte. Er muss daher konkret behaupten und beweisen, dass der andere Ehepartner Vermögen verheimlicht oder verschweigt.

Bei fehlendem Widerrufs- bzw. Änderungsrecht wäre nur jenes eheliche Vermögen wertmäßig in die Aufteilung einzubeziehen, das innerhalb der Zwei-Jahres-Frist des § 91 Abs 1 EheG in die Privatstiftung eingebracht wurde. Sofern aber das Vermögensopfer noch nicht erbracht ist, beginnt die Zwei-Jahresfrist nicht zu laufen.

Der OGH referiert umfassend die verschiedenen Literaturmeinungen zur Frage, wie Stiftungsvermögen in Abhängigkeit von den vom Ehepartner vorbehaltenen Stifterrechten in die Aufteilung einzubeziehen ist und geht insbesondere auch auf die Meinung von Oberhumer[1] ein, dass vermögenswerte Stifterrechte mangels Vermögensopfer unter die ehelichen Ersparnisse einzuordnen sind. Damit könnten die Stifterrechte selbst allenfalls Gegenstand eines Aufteilungsverfahrens sein. Leider trifft der OGH in der Folge keine klare Aussage zu dieser für Stiftungen und Stifter höchst brisanten Rechtsmeinung und deren möglichen Folgen, insbesondere die Übertragung von Stifterrechten im Rahmen der Aufteilung.

Katharina Müller

 

[1] Oberhumer, Unternehmen und Gesellschaftsanteile in der nachehelichen Vermögensaufteilung (2011) 587 ff

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