MP-Law-Logo weiß

Elektronische Signaturen waren erst der Anfang

Erneut hat Müller Partner beim Chambers Ranking im Bereich Real Estate: Construction sehr gute Ergebnisse erzielt und konnte somit die Positionierung unter den Top-Kanzleien Österreichs halten.

Wir sind stolz, weiterhin als Band 2 Kanzlei in Erscheinung zu treten und gratulieren DDr. Katharina Müller zum Band 1 Lawyer Ranking!

Das Baurechts-Team freut sich über exzellente Bewertung, wie “They have a very powerful and versatile team, where everyone contributes their strengths.” und “They are a very competent and high-quality firm.”

Ebenso herausragend die Quotes für DDr. Katharina Müller:
Katharina Müller boast an impressive wealth of experience in complex projects and disputes. She is well respected for her in-depth expertise in construction mandates throughout Austria, with a particular focus on contentious matters. She also advises on large infrastructure and energy construction projects.“She is a very smart lawyer who handles the technical details very well.””Katharina Müller is simply top.”

Hier gehts zum Ranking

Wie im Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 2|2024 berichtet, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der FMA-Ansicht widersprochen und judiziert, dass ein Prozesskostenfinanzierer, der Geld von Anlegern über ein Genussrecht einsammelt und damit unter anderem Prozesskosten finanziert, kein Alternativer Investmentfonds (AIF) ist (BVwG 3.8.2023, W158 2266457).

Die FMA hat gegen dieses BVwG-Erkenntnis außerordentliche Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben. Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AIFMG ist ein AIF jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der Kapital von einer Anzahl von Anlegern sammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient, und keine Genehmigung gemäß Richtlinie 2009/65/EG (OGWA-RL) benötigt.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.02.2024 diesbezüglich einige höchst praxisrelevante Aussagen getroffen. Hinsichtlich Auslegung der festgelegten Anlagestrategie verweist der VwGH zunächst richtigerweise auf die ESMA-Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (ESMA/2013/611). Für das Vorliegen einer Anlagestrategie spricht es gemäß VwGH, wenn die Anlagestrategie in einem Dokument festgelegt wurde und/oder von den Anlegern gegenüber dem Organismus bzw. der juristischen Person rechtlich durchsetzbar ist. Zudem muss laut VwGH eine Anlagestrategie auch Anlagerichtlinien enthalten, die alle oder zumindest einzelne der in Rz 20 dieser ESMA-Leitlinien genannten Vorgaben aufweisen. Unter einer festgelegten Anlagestrategie ist laut VwGH demnach die fixe Vorgabe eines Handlungsspielraumes zu verstehen, nach dem sich der Alternative Investmentfonds Manager (AIFM) bei der Vermögensverwaltung zu orientieren hat. Die Anlagestrategie kann demnach sowohl in einer Gesellschaftssatzung, Vertragsunterlagen, aber auch in Werbeprospekten oder auf einer Website vorgegeben werden, muss aber so definiert sein, dass die Anleger gegenüber AIFM durchsetzen können. Durch eine solcherart festgelegte Anlagestrategie unterscheiden sich AIF von gewöhnlichen Unternehmen. Selbst eine relativ allgemein gehaltene Anlagestrategie eines AIF enthält gemäß VwGH gewöhnlich klarere Vorgaben als der Gesellschaftszweck bzw. die Geschäftsaktivität im Gesellschaftsvertrag von Unternehmen und beschränkt den Handlungsspielraum des AIFM bei Veranlagungsentscheidungen, welcher diesem durch die Satzung und den Unternehmensgegenstand eingeräumt wird. Das BVwG erachtete zuvor fälschlicherweise eine festgelegte Anlagestrategie iSd AIF-Definition als gegeben an, weil im Kapitalmarktprospekt des Prozessfinanzierers klargestellt werde, dass das Kapital den dort genannten Zwecken (Prozesskostenfinanzierung, Investitionen im Bereich Datenverarbeitung, Verwaltung und Administration, Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb, Marketingaktivitäten, Expansion und sonstige Ausgaben) zugeführt werde. Es reicht dem VwGH für das Vorliegen einer festgelegten Anlagestrategie aber nicht aus, wenn das gesammelte Kapital irgendeinem näher definierten Zweck zugeführt werden soll. Dies gilt gemäß VwGH insbesondere, dann, wenn es sich, wie beim Prozesskostenfinanzierer, lediglich um den Zweck der „allgemeinen Unternehmensfinanzierung“ handelt. Das VwGH hat daher dem BVwG aufgetragen sich im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der einschlägigen ESMA-Leitlinien mit dem Vorliegen einer festgelegten Anlagestrategie auseinanderzusetzen und anhand der Kriterien, die von der ESMA für das Vorliegen einer solchen Anlagestrategie aufgestellt wurden, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind.

Die Annahme des BVwG, dass der Ausnahmetatbestand der Verwendung des eingesammelten Kapitals zur direkten operativen Tätigkeit erfüllt sei, wird vom VwGH als Rechtsirrtum qualifiziert. Das BVwG vermeinte bezüglich der operativen Tätigkeit als Ausschlusskriteriums von der AIF-Definition wären die Leitlinien der ESMA (ESMA/2013/611) nicht heranzuziehen, sondern es sein nach den allgemeinen ABGB-Interpretationsregeln auszulegen. Da mit den Definitionen des AIFMG lediglich die AIFMD (AIFM-RL) umgesetzt wurde, sind laut VwGH jedoch im Sinne einer unionsrechtskonformen Interpretation auch die einschlägigen ESMA-Leitlinien zu beachten. Die Frage, ob eine operative Tätigkeit gegeben ist, ist gemäß VwGH im Sinne dieser ESMA-Leitlinien nunmehr vom BVwG fallbezogen noch zu prüfen (VwGH 15.02.2024, Ra 2023/02/0178).

Mit diesem Erkenntnis hat der VwGH der Praxis wichtige Auslegungshinweise bezüglich zweier wichtiger auslegungsbedürftiger Tatbestandsmerkmale („festgelegte Anlagestrategie“ und „operative Tätigkeit“) geliefert. Zu begrüßen ist dabei, dass der VwGH sich auf die einschlägigen ESMA-Leitlinien beruft und somit für Rechtssicherheit und Aufsichtskonvergenz sorgt. Vor dem Hintergrund der weiten AIF-Definition und dessen Wortlaut, erscheint die FMA-Auslegung, wonach eine festgelegte Anlagestrategie, iS einer fixen Vorgabe des Handlungsspielraumes für den AIFM beim Management, in einem Dokument (konkret) festgelegt werden muss, richtig und sinnvoll. Weiters stellt der VwGH auch darauf ab, ob dies durch die Anleger gegenüber dem AIFM rechtlich durchsetzbar sein muss.

Sebastian Sieder / Polina Jigoulina

Newsletter download