Die Frage danach, wofür man als Vorstand einer AG oder Geschäftsführer:in einer GmbH (in der Folge „Geschäftsleiter:in“) zu haften hat, ist für die Betroffenen natürlich überragend wichtig. Dass Geschäftsleiter aufgrund verschiedener Tatbestände gegenüber „ihrer“ Gesellschaft haftbar werden können ist noch einigermaßen gut bekannt. Ob/wann aber allenfalls auch Dritte, etwa Gläubiger:innen oder Eigentümer:innen der Gesellschaft, auf die Geschäftsleiter:innen persönlich greifen können ist nicht nur im Detail umstritten, sondern den Handelnden meiner Wahrnehmung nach auch nicht durchwegs bewusst. Ein paar wesentliche Grundsätze dieser sogenannten „Außenhaftung“ möchte ich hier grob skizzieren.
Grundsatz der Innenhaftung: Geschäftsleiter:innen haften nur gegenüber der Gesellschaft
Ganz allgemein gilt, dass Geschäftsleiter:innen in der Regel nur gegenüber ihrer Gesellschaft haften. Man spricht hier von „Innenhaftung“. Dies primär dann, wenn sie die Geschäfte nicht mit der Sorgfalt eines/einer ordentlichen Unternehmer:in führen und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht. Das gilt prinzipiell auch, wenn die Gesellschaft (handelnd durch den/die Geschäftsleiter:in) eine Pflicht verletzt oder gar ein Delikt begeht und jemandem dadurch einen Schaden verursacht. Nach außen haften Geschäftsleiter:innen nach Judikatur im Wesentlichen nur dann, wenn sie eine eigenen, nicht nur die Gesellschaft treffende Pflicht missachten. Was anderes kann allenfalls gelten, wenn ein Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger:innen oder des „Publikums“ verletzt wird.
Wann verletzt man als Geschäftsleiter:in „eigenen Pflichten“?
Hier kommen zum Beispiel falsche Erklärungen/Nachweise nach § 56 Abs 3 AktG in Frage. Denkbare weitere Anspruchsgrundlagen sind etwa § 64 Abs 2 GmbHG und § 26 Abs 2 GmbHG. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht (§ 69 IO). Wobei hier natürlich fraglich ist, ob es sich dabei wirklich um eine eigene Pflicht der Geschäftsleiter:innen handelt oder nicht eher um einen Fall einer gläubigerschützenden Norm (siehe dazu sogleich).
Welche Schutzgesetze können Geschäftsleiter:innen gefährlich werden?
Der OGH können Geschäftsleiter:innen von Gläubiger:innen dann persönlich in Anspruch genommen werden, wenn eine dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger:innen dienende Norm verletzt wurde. Strafrechtliche Kridatatbestände und die Verletzung der Insolvenzantragspflicht sind hier Klassiker, es zählt dazu wohl aber auch § 39 FBG.
Speziell für börsenotierte Aktiengesellschaften interessant ist die Frage, ob die Ad-hoc-Pflicht ein solches Schutzgesetz ist. Dass diese ein Schutzgesetz zulasten der Emittenten (also der Gesellschaft, deren WErtpapiere börsenotiert sind), ist, steht soweit ersichtlich außer Frage. Aber wirkt sie auch als Schutzgesetz zulasten des Vorstands der Emittentin? Das wäre eine (nicht zu rechtfertigende) Haftungsbombe und man kann dies auch aus OLG vom 19.8.2022, 33R127/21 nicht herauslesen.
Wann es sonst noch zu einer Außenhaftung kommen kann
Weitere mögliche Außenhaftungsfälle gehen schon mit einem gravierenden Fehlverhalten einher. So kann man etwa bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch die Gesellschaft als (mit-)handelnde Geschaftsleiter:in allenfalls auch persönlich in Anspruch genommen werden. Zudem kommt natürlich die Verletzung von Strafgesetzen in Frage.
Resümee
Schon dieser kurze, hier naturgemäß grobe Überblick zeigt, dass es für Geschäftsleiter:innen von überragender Bedeutung ist, dass „ihre“ Gesellschaft alle sie treffenden Gesetze bestmöglich einhält. Das Schlagwort „Compliance“ ist nicht umsonst seit vielen Jahren in aller Munde. Wir raten jedenfalls dringend dazu, im Unternehmen entsprechende organisatorische Vorkehrungen zu treffen.
Mag. Gernot Wilfling