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EU will Unternehmen an Börse locken

Erneut hat Müller Partner beim Chambers Ranking im Bereich Real Estate: Construction sehr gute Ergebnisse erzielt und konnte somit die Positionierung unter den Top-Kanzleien Österreichs halten.

Wir sind stolz, weiterhin als Band 2 Kanzlei in Erscheinung zu treten und gratulieren DDr. Katharina Müller zum Band 1 Lawyer Ranking!

Das Baurechts-Team freut sich über exzellente Bewertung, wie “They have a very powerful and versatile team, where everyone contributes their strengths.” und “They are a very competent and high-quality firm.”

Ebenso herausragend die Quotes für DDr. Katharina Müller:
Katharina Müller boast an impressive wealth of experience in complex projects and disputes. She is well respected for her in-depth expertise in construction mandates throughout Austria, with a particular focus on contentious matters. She also advises on large infrastructure and energy construction projects.“She is a very smart lawyer who handles the technical details very well.””Katharina Müller is simply top.”

Hier gehts zum Ranking

Die wesentlichen Vorteile aus dem EU Listing Act: Wie diese Reform des EU-Kapitalmarktrechts insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Börsengang erleichtern wird.

BioNTech, CureVac, Lilium, Sono Group und Birkenstock. Immer mehr prominente europäische Unternehmen haben für ihren Börsengang (IPO) US-Börsen gewählt. Die Abgeordneten im EU-Parlament bekamen oft zu hören, dass das komplizierte Kapitalmarktrecht schuld daran sei, dass immer mehr Geld aus dem Kontinent abfließt. Soeben hat der Rat mit dem sogenannten Listing Act eine Reform des EU-Kapitalmarktrechts angenommen. Der Listing Act besteht aus einer Verordnung und zwei Richtlinien. Dies soll Börsengänge wieder attraktiver machen. Die Wiener Börse kann solche Impulse gut gebrauchen. Seit 2020 gab es jedes Jahr aufs Neue weniger neue Börsennotierungen (Listings) als Abschiede (Delistings). Das sind die wichtigsten Erleichterungen im EU-Kapitalmarktrecht.

 

Einfachere Prospekte

Gemäß Prospektverordnung muss ein von der jeweiligen Aufsichtsbehörde gebilligter Prospekt veröffentlicht werden, wenn ein Unternehmen eine Zulassung an einem geregelten Markt anstrebt oder übertragbare Wertpapiere öffentlich anbietet. Gemäß Listing Act können Unternehmen, deren Aktien zum Handel am geregelten Markt zugelassen oder in den Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt einbezogen sind, Kapitalerhöhungen in einem Volumen von insgesamt bis 30% des bereits zugelassenen Aktienkapitals innerhalb von zwölf Monaten prospektfrei durchführen. Statt eines umfangreichen Prospekts reicht nunmehr ein maximal elf DIN-A4-Seiten langes Dokument und die Billigung durch die Aufsichtsbehörde entfällt. Gerade bei großvolumigen Emissionen erwartet der Markt aber umfassende Informationen, sodass trotzdem oftmals eine freiwillige Prospekterstellung gewünscht ist.

Außerdem schafft der Listing Act ein einheitlicheren Prospektstandard und die Länge von Prospekten wird grundsätzlich auf maximal 300 DIN-A4-Seiten beschränkt. Für die Praxis sehr wichtig ist laut Kapitalmarktrechtexperte Dr. Sebastian Sieder von der Kanzlei Müller Partner Rechtsanwälte die verkürzte Frist der Prospektveröffentlichung für öffentliche Angebote von mindestens sechs auf drei Werktage vor Ende des öffentlichen Angebots. „Das ermöglicht eine zügige Durchführung von Börsegängen, da durch die Fristverkürzung die Transaktionssicherheit insbesondere in einem volatilen Umfeld erhöht wird. Für Unternehmen können sich durch den Listing Act generell interessante neue Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme ergeben.“

 

Ad-hoc-Pflicht bei Zwischenschritten fällt weg

Auch hinsichtlich der Kapitalmarkt-Compliance von bereits börsenotierten Unternehmen bringt der Listing Act Erleichterungen. Die Marktmissbrauchsverordnung verpflichtet börsenotierte Unternehmen sie unmittelbar betreffende Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen. Diese sogenannte Ad-hoc-Pflicht galt bisher auch für Zwischenschritte in gestreckten Sachverhalten.

Bei solchen gestreckten Sachverhalten wird die Ad-hoc-Publizitätspflicht gelockert. Künftig sind Emittenten nicht mehr dazu verpflichtet, jeden grundsätzlich als Insiderinformation zu qualifizierenden Zwischenschritt des Vorgangs unverzüglich zu veröffentlichen. Vielmehr soll die Ad-hoc-Pflicht erst für das (End-)Ereignis gelten, mit dem der zeitlich gestreckte Vorgang abgeschlossen wird. Bei einer M&A-Transaktion sind daher Zwischenschritte, wie zB der Abschluss eines Termsheets oder einer Exklusivitätsvereinbarung, nicht mehr veröffentlichungspflichtig, sondern erst das Signing des M&A-Deals als Endereignis, mit dem der zeitlich gestreckte Vorgang abgeschlossen wird.

Rechtsanwalt Dr. Sieder meint „Das ist eine praxisrelevante Erleichterung, da sich im Einzelfall hier bisher komplexe Rechtsfragen ergeben haben.“ Aufgrund der zahlreichen weiteren Änderungen in der Marktmissbrauchsverordnung sind laut Dr. Sieder die Compliance-Richtlinien der Emittenten jedenfalls zu überarbeiten.

 

Mehrstimmrechtsaktien kommen

Teil des Listing Acts ist die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien. Damit wird vom Grundsatz „one share on vote“ abgegangen. Insbesondere bei Start-ups und Gesellschaften mit langfristigen Projekten sollen Gesellschafter durch Mehrstimmrechte sicherstellen können, dass sie trotz einer Börsenotierung die Kontrolle über die Gesellschaft behalten können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Beseitigung von Wettbewerbs- und Standortnachteilen. Da in den USA viele erfolgreiche Gründer wie Larry Page bei Google oder Mark Zuckerberg bei Meta über Mehrstimmrechtsaktien verfügen, könnten Mehrstimmrechtsaktien für einen Aufschwung in der EU sorgen.

 

Ausblick

Die Rechtsakte, welche gemeinsam den Listing Act darstellen, werden gestaffelt anwendbar. Die Verordnung wird zeitnah im EU-Amtsblatt veröffentlicht und 20 Tage später in Kraft treten, wobei einige Bestimmungen erst 15 Monate danach anwendbar sein werden. Hinsichtlich der Aktualisierung ihrer Compliance-Richtlinien ergibt sich nunmehr Handlungsbedarf für Emittenten. Hinsichtlich der zwei Richtlinien haben die Mitgliedsstaaten 18 bzw 24 Monate Zeit, um sie umzusetzen.

Gleichwohl der Listing Act laut Dr. Sieder insgesamt zu begrüßen ist, sind die Änderungen nicht weitgehend genug, um für einen Umschwung an den EU-Börsen zu sorgen. Das wahre Problem wird oftmals in der mangelnden Nachfrage nach Aktien gesehen. So meinte der Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, dass ein Ausbau der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge dringend notwendig sei. Insofern bleibt zu hoffen, dass der Listing Act nur der Anfang einer umfassenden Kapitalmarktreform bleibt.

Sebastian Sieder