Einleitung
Das Private-Clients Team rund um Katharina Müller und Martin Melzer konnte kürzlich für seine Mandanten einen wichtigen Erfolg vor dem OGH erzielen. In seiner Entscheidung vom 19.11.2024 zu 2 Ob 248/23v gab der OGH unserer außerordentlichen Revision statt und stärkte den Rechtschutz für verkürzte Pflichtteilsberechtigte iZm gemischten Schenkungen erheblich. Doch der Reihe nach:
Allgemeines zur Schenkungsanrechnung bei gemischten Schenkungen
Hat der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte oder Dritte vorgenommen, verringert sich der Wert des in der Verlassenschaft vorhandenen Vermögens. Ein Pflichtteilsberechtigter kann daher die Hinzurechnung der Schenkung in die Verlassenschaft begehren.
Für das Vorliegen einer Schenkung ist eine Schenkungsabsicht Voraussetzung. Beweispflichtig für das Vorliegen der Schenkungsabsicht ist der Pflichtteilsberechtigte, der die Hinzurechnung der Schenkung begehrt.
Dies gilt auch für Fälle einer gemischten Schenkung, bei denen ein Teil der Zuwendung entgeltlich und ein Teil unentgeltlich ist. Diese liegen oftmals bei der Übergabe von Familienunternehmen vor, bei denen gewisse Gegenleistungen (z.B. Wohnrechte, Unterhalt für die Übergeber etc.) vereinbart werden.
Bisher wurde die Frage, ob bei Vorliegen eines objektiv krassen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung bei einer gemischten Schenkung eine Beweiserleichterung (und falls ja, welche) für den Beweis der Schenkungsabsicht angebracht sei, vom OGH nicht einheitlich beantwortet. Zuletzt tendierte er in einer Entscheidung aus dem Jahr 2022 (OGH 13.12.2022, 2 Ob 205/22v) dazu, dass den Pflichtteilsberechtigten die volle Beweislast trifft.
Da der Übergeber bereits verstorben und der Geschenknehmer der Gegner im Prozess ist, kann dieser Beweis faktisch nicht erbracht werden und der Pflichtteilsberechtigte wird in solchen Konstellationen stets um seinen Pflichtteil gebracht. Dies war auch eines der Hauptargumente in unserer Revision an den OGH:
OGH vom 19.11.2024, 2 Ob 248/23v
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2020 verstarb der Erblasser und hinterließ seine Ehefrau und drei Kinder. Dem Beklagten (eines der Kinder) wurde mit Übergabevertrag vom 03.04.1997 der Weinbaubetrieb durch den Erblasser und seine Ehefrau übergeben. Der Beklagte verpflichtete sich zur Erbringung diverser Gegenleistungen wie u.a. zur Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes für den Erblasser und die Ehefrau.
Die anderen beiden Kinder des Erblassers begehrten als pflichtteilsberechtigte Kläger die Hinzurechnung dieser Schenkung in die Verlassenschaft. Der Beklagte bestritt das Vorliegen einer gemischten Schenkung.
Die Vorinstanzen sprachen aus, dass die begehrte Schenkungsanrechnung nicht erfolgen konnte, da die von den Pflichtteilsklägern zu beweisende Schenkungsabsicht des Erblassers nicht festgestellt werden konnte.
Der OGH stellte zunächst klar, dass eine Hinzu- und Anrechnung von (gemischten) Schenkungen grundsätzlich nur bei festgestellter Schenkungsabsicht erfolgen kann.
Weiters sprach der OGH jedoch aus, dass Pflichtteilsberechtigte regelmäßig keinen Einblick in die Rechtsbeziehung zwischen dem Erblasser und dem Geschenknehmer haben werden, sodass sie den Beweis der Schenkungsabsicht des Erblassers nur schwer erbringen können werden. Es bedürfe daher in Fällen, in denen ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, einer Beweiserleichterung für den Pflichtteilsberechtigten.
Von den zur Verfügung stehenden Beweiserleichterungen (Indizienbeweis, Anscheinsbeweis und Beweislastumkehr) sprach der OGH den sog. Anscheinsbeweis zu. Der Pflichtteilsberechtigte kann daher durch den Beweis des Wertmissverhältnisses (mittelbar) die Schenkungsabsicht beweisen.
Fazit
In der gegenständlichen Entscheidung hat der OGH eine wichtige Judikaturwende hin zu einer Beweiserleichterung für übergangene Pflichtteilsberechtigte vollzogen. Ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gilt von nun an als Anscheinsbeweis für das Vorliegen von Schenkungsabsicht. Damit wurde die schwierige (bzw. nahezu unlösbare) Beweislage für unsere Mandanten und für sämtliche Pflichtteilsberechtigte in ähnlichen Konstellationen entschärft.