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Newsletter Corporate/M&A Issue 2|2021

Arglist beim Unternehmenskauf 

27. Mai 2021

Der OGH entschied unlängst über eine arglistige Irreführung bei einem Unternehmenskauf (OGH 30.09.2020, 5 Ob 144/20t). Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Verkäuferin war Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin einer GmbH. Ihre Tochter als Käuferin arbeitete als nicht kaufmännisch ausgebildete Kraft im Unternehmen ihrer Mutter. Nachdem die Tochter mehr Mitspracherecht im Unternehmen einforderte, trat die Mutter ihren Anteil an der GmbH an die Beklagte zunächst mit einem Recht auf Rückübertragung um EUR 1 ab, blieb aber weiterhin Geschäftsführerin. Im Zuge einer Auseinandersetzung mit ihrer Tochter ließ die Mutter das Unternehmen von der Wirtschaftskammer schätzen, woraus sich ein Wert von EUR 92.448,10 ergab. Die Mutter als Verkäuferin verzichtete in der Folge auf ihr Recht auf Rückabtretung des zuvor bereits um EUR 1 abgetretenen Geschäftsanteils; dies gegen ein monatliches Entgelt von EUR 1.000 (was der OGH als Unternehmensverkauf gegen Leibrente qualifizierte). Die Mutter als Verkäuferin hatte die Tochter als Käuferin im Zuge dieser Vereinbarung glauben gemacht, dass der Unternehmenswert in Wahrheit sogar deutlich höher sei als von der WKO angenommen (EUR 138.000) und die Zahlung der EUR 1.000 monatlich leicht möglich sei. Ganz im Gegenteil stellte sich nachträglich jedoch heraus, dass die Bewertung zu hoch war, weil Umsatzerlöse zu hoch angesetzt und die Personalkosten zu niedrig angenommen wurden.

Der OGH sah in diesem Vorgehen der Mutter arglistige Irreführung. Das bewusste Verschweigen von Tatsachen begründet gemäß Höchstgericht dann List, wenn der Schweigende gegen eine ihm obliegende Aufklärungspflicht verstößt. Eine solche besteht, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte. Beim Kauf eines Unternehmens genüge zwar zur Erfüllung der Offenlegungspflicht im Allgemeinen die Überlassung der Unterlagen, aus denen sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ergibt. Grundsätzlich hat sich also der Käufer gemäß OGH selbst über das Unternehmen zu informieren. Besondere Umstände, die zur Aufklärung verpflichten, lägen aber dann vor, wenn dem Verkäufer ein Umstand bekannt ist, der wesentlich für die Entscheidungsfindung des Käufers ist und dem Verkäufer das aktuelle Nichtwissen des Käufers über diesen Umstand bekannt ist. In einem solchen Fall darf der Wissende den anderen nach OGH nicht in Unkenntnis lassen.

Nachdem der OGH eine solche listige Irreführung als gegeben ansah musste er sich lediglich noch damit auseinandersetzen, ob die listige Handlung auch kausal für den Vertragsabschluss war; ein Umstand, der vom Getäuschten behauptet und bewiesen werden muss. Der von der Mutter hervorgerufene Irrtum der Tochter über den Wert des Unternehmens hatte im konkreten Fall laut OGH maßgeblichen Einfluss auf deren Entscheidung, der Mutter die monatliche Leibrente zuzusagen.

Mag. Valentina Treichl, BA

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