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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2021

Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat

16. Februar 2021

Das Aktiengesetz sieht für den Aufsichtsrat umfassende Informationsrechte und -pflichten vor, um eine entsprechende Kontrolle des (weisungsfrei agierenden) Aufsichtsrats zu gewährleisten. Im Kern geht es um eine Vielzahl proaktiver Berichtspflichten des Vorstands, die eine regelmäßige oder anlassbezogene Unterrichtung des Aufsichtsrats durch den Vorstand über die der Überwachung unterliegenden Vorgänge sicherstellen sollen. Hierbei handelt es sich um eine Bringschuld des Vorstands. Die Berichte sind in schriftlicher Form nach den Grundsätzen der gewissenhaften und getreuen Rechenschaft (inhaltlich richtig, vollständig und nicht irreführend) an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu richten. Auf sein Verlangen sind die Berichte auch (in Sitzungen) mündlich zu erläutern.

Der Vorstand ist zum einen zur Vorlage von Jahres- und Quartalsberichten verpflichtet. Neben diesen periodischen Berichtspflichten hat der Vorstand jedoch auch von sich aus unverzüglich Anlassberichte zu erstatten, wenn dies der Aufsichtsrat verlangt oder Umstände in der Finanzlage der AG eintreten die einen solchen notwendig machen. Konkret unterscheidet das Gesetz zwischen folgenden Berichten:

  • Jahresbericht: Einmal im Jahr hat der Vorstand über grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftspolitik der AG zu berichten sowie die künftige Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage anhand einer Vorschaurechnung darzustellen. Der Jahresbericht sollte aus zwei Teilen bestehen: Zum einen aus einem beschreibenden Teil, der Geschäftspolitik und strategische Ziele erläutert, zum anderen dessen zahlenmäßige Darstellung, mittels Plan-bilanz (zwecks Vermögensdarstellung), einer Plan-GuV (zwecks Darstellung der Ertragslage) und insbesondere auch eines Plan-Cashflows (zwecks Darstellung der Finanzlage).
  • Quartalsbericht: Quartalsberichte haben das Ziel, die vergangene Planung mit der gegenwärtigen Geschäftslage und dem künftigen Geschäftsverlauf zu verbinden. Zu berichten ist über den Gang der Geschäfte („Ist-Entwicklung“) und die Lage des Unternehmens im Vergleich zur Vorschaurechnung unter Berücksichtigung der künftigen Entwicklung. Die Darstellung wird meist in Form von Quartalsabschlüssen erfolgen. Dabei sollte neben den in Anlehnung an die Bilanz und GuV zu gebenden Informationen, zusätzlich auch über getätigte Investitionen, Auftragslage, Cashflow und Mitarbeiterstand berichtet werden.
  • Sonderbericht: Als Grundregel gilt, dass „bei wichtigem Anlass“ dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats unverzüglich zu berichten ist. Geht es aber um Umstände, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind, ist unverzüglich an den gesamten Aufsichtsrat zu berichten. Zur ersten Kategorie sollen etwa gehören: (i) verdichtete Gerüchte über das Bevorstehen eines Übernahmeangebots an die Aktionäre der Gesellschaft (relevant für börsenotierte AGs); (ii) die Einleitung eines für die Gesellschaft wesentlichen Rechtsstreits oder dessen negativer Ausgang, (iii) eine Betriebsstörung, (iv) das Risiko eines Streiks, (v) ein schwerwiegender Streit unter den Vorstandsmitgliedern, (vi) die Kündigung eines wesentlichen Vertragsverhältnisses, (vii) das Auftreten eines bisher unbekannten faktischen oder rechtlichen Risikos oder auch (viii) wesentliche und signifikante Änderungen in einem Absatz- oder Bezugsmarkt der Gesellschaft. In COVID-Zeiten war die zweite Kategorie wichtiger, waren doch häufig Umstände von erheblicher Bedeutung für die Rentabilität oder Liquidität gegeben. Wann die Auswirkungen gravierend genug sind, um einen Sonderbericht an den Aufsichtsrat zu erfordern, geht aus dem Gesetz freilich nicht genau hervor, auch Judikatur fehlt soweit ersichtlich. In der Literatur ist von negativen Abweichungen beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in der Größenordnung 10 bis 20% die Rede. Betreffend Liquidität ist spätestens bei drohenden Liquiditätsengpässen zu berichten.
  • Anforderungsbericht: Der Aufsichtsrat kann vom Vorstand jederzeit einen Bericht über ergänzende Informationen zu bereits erstatteten Berichten verlangen oder aber Informationen anfordern, die er zur eigenen Aufgabenwahrnehmung benötigt.
  • Vorlagebericht: Ist ein Geschäft an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden, muss der Vorstand diesen im Voraus und schriftlich mit den Informationen versorgen.

Wir raten Vorständen, die verschiedenen Berichtspflichten an den Aufsichtsrat außerordentlich ernst zu nehmen. Verletzungen sind Sorgfaltsverstöße und als solche geeignet, eine Haftung von schuldhaft handelnden Vorstandsmitgliedern zu begründen. Zudem ist „mangelnde Offenheit gegenüber dem Aufsichtsrat“ ein von der Rechtsprechung anerkannter Grund für die vorzeitige Abberufung von Vorstandsmitgliedern.

Mag. Stefanie Ringhofer, LL.M.

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