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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2022

BFG: Beteiligungsbefreiung bei Anteilsveräußerung unter Dividendenvorbehalt

17. März 2022

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte unlängst darüber zu entscheiden, ob eine Gewinnausschüttung an die Verkäufer aufgrund eines vereinbarten Dividendenvorbehalts im Rahmen einer Anteilsveräußerung unter die Beteiligungsbefreiung fällt (BFG 26.08.2021, RV/4100568/2016). Konkret hatten die Parteien eines Kauf- und Abtretungsvertrags vom 19.03.2011 – Tag des Signings – vereinbart, dass sämtliche Anteile der bestehenden Gesellschafter der Zielgesellschaft an die Käuferin verkauft werden. Das Closing wurde vertraglich mit 01.04.2011 bestimmt. Im Vertrag fand sich ein Dividendenvorbehalt, der besagte, dass alle Gewinne, die bis 01.01.2011, 00:00 Uhr entstanden waren, an die Altgesellschafter als Veräußerer vor dem Closing auszuschütten seien. Die Ausschüttung des Bilanzgewinnes wurde sodann mit Gesellschafterbeschluss am 28.03.2011 beschlossen.

Grundsätzlich gilt, dass eine Gewinnausschüttung während aufrechter Beteiligung einer Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin an einer anderen Kapitalgesellschaft stets steuerfrei ist, wohingegen der Kaufpreis als Betriebseinnahme der Körperschaftssteuer unterliegt. Verständlicherweise werden daher häufig in Kauf- und Abtretungsverträgen Vereinbarungen über die Ausschüttung des vorhandenen Bilanzgewinns vereinbart, um im Rahmen des Verkaufs die Steuerbelastung von 25% beim Veräußerer zu vermeiden.

Im Zuge einer Außenprüfung der Beschwerdeführerin (einer der Verkäufer; eine Kapitalgesellschaft) vertrat das zuständige Finanzamt die konträre Auffassung, die Ausschüttung sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise in einem engen Zusammenhang mit dem Kaufgeschäft stehend und daher gelange keine Beteiligungsertragsbefreiung zur Anwendung. Den diesbezüglichen Sachbescheid des Finanzamts bekämpfte die Beschwerdeführerin durch Beschwerde an das BFG.

Die zentralste Aussage des BFG ist, dass es im Wesentlichen darauf ankommt, wer im Zeitpunkt der Beschlussfassung wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile ist. Grundsätzlich sieht das BFG denjenigen als wirtschaftlichen Eigentümer an, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung stimmberechtigt ist. Im vorliegenden Fall war es Wille der Vertragsparteien, dass das wirtschaftliche Eigentum erst mit Closing, das heißt nach Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung, übergeht. Es wurde also nicht nur von den Altgesellschaftern das Stimmrecht in der Generalversammlung am 28.03.2011 ausgeübt, sondern die Käuferin hatte auch nicht die Möglichkeit wie eine Eigentümerin über die Geschäftsanteile zu verfügen. Zwar wurden im Vertrag die Dispositionsmöglichkeiten der Altgesellschafter durch diverse Zustimmungsvorbehalte der Käuferin hinsichtlich bestimmter Geschäftsführungshandlungen eingeschränkt, dies sah das BFG aber nicht als Indiz für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung sowohl das wirtschaftliche als auch das zivilrechtliche Eigentum der Anteile bei den Altgesellschaftern war gestand das BFG diesen die Beteiligungsertragsbefreiung auf die vorbehaltenen Dividenden zu und änderte den bekämpften Bescheid entsprechend ab. Dem Argument der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ des Finanzamts folgte das BFG dagegen (mE zurecht) nicht.

Dividendenvorbehalte sind bei M&A Transaktionen keine Seltenheit. Umso wichtiger ist die vorliegende Entscheidung des BFG, da die Frage nach der Beteiligungsertragsbefreiung in der Literatur uneinheitlich beantwortet wird.

Mag. Valentina Treichl, BA

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