Ausschüttungssperre bei Vermögensverschlechterung sowie bei Inanspruchnahme finanzieller Maßnahmen nach den COFAG-Richtlinien
1. Ausschüttungssperre bei erheblicher Vermögensverschlechterung der Gesellschaft
Durch COVID-19 und den derzeitigen Dauer-LOCKDOWN haben viele Unternehmen mit hohen Umsatzeinbußen zu kämpfen. Ein Ende ist derzeit nicht absehbar. In diesem Zusammenhang kann die Ausschüttungssperre des § 82 Abs 5 GmbHG eine erhebliche Rolle spielen. Demnach ist der Bilanzgewinn, sofern sich die Vermögenslage der Gesellschaft in der Zeit zwischen dem Bilanzstichtag und der Feststellung des Jahresabschlusses infolge von Wertminderungen oder Verlusten erheblich und nicht bloß vorübergehend verschlechtert, von der Verteilung an die Gesellschafter ausgeschlossen und auf neue Rechnung vorzutragen. In diesem Fall besteht eine gesetzliche Ausschüttungssperre (§ 82 Abs 5 GmbHG). Die Regelung ist zwingend und bezweckt ebenso – wie § 82 Abs 1 GmbHG – (zumindest auch) den Gläubigerschutz.
Eine Vermögensminderung ist voraussichtlich nicht bloß vorübergehend, wenn beispielsweise ungeplante und quantitativ bedeutende negative Planabweichungen vorliegen und sich bis Jahresende keine Besserung abzeichnet (vgl. Wenger/Ebner, RWZ 2020, 148). Die Voraussetzungen sind immer im Einzelfall zu prüfen.
Die Geschäftsführer haben die Gesellschafter vor Beschlussfassung zur Gewinnverwendung von diesem Umstand zu unterrichten und eine dennoch beschlossene Gewinnausschüttung der Gesellschafter zu verweigern.
Der Bilanzgewinn ist in einem der erlittenen Vermögensminderung entsprechenden Betrag auf neue Rechnung vorzutragen. Die Höhe der Vermögensminderung kann praktisch durch die Aufstellung einer Zwischenbilanz ermittelt werden. Der (an sich) ausschüttungsfähige Bilanzgewinn ist um den so ermittelten Verlust zu reduzieren. Nur der verbleibende Teil des Bilanzgewinns darf ausgeschüttet werden.
Eine Verletzung der Ausschüttungssperre löst Schadenersatzansprüche, Rückerstattungsansprüche und Haftungsansprüche aus.
Wurde der Jahresabschluss bereits festgestellt, hat auch außerhalb der Ausschüttungssperre des § 82 Abs 5 GmbHG eine Gewinnausschüttung zu unterbleiben, wenn sich nach dem Bilanzstichtag Verluste ergeben und die Gewinnausschüttung die Existenz der GmbH gefährden würde.
Die Gesellschafter haften, bei vorsätzlicher Entnahme nach den Grundsätzen der Existenzvernichtungshaftung, für den daraus entstandenen Schaden.
TIPP: Es empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Vermögenslage der GmbH vor Gewinnausschüttungen.
2. Gewinnausschüttungsverbot bei Inanspruchnahme von Maßnahmen nach COFAG-Richtlinien
Vorsicht auch bei Inanspruchnahme finanzieller Maßnahmen nach den COFAG-Richtlinien. So gelten beispielsweise bei Inanspruchnahme von Direktzuschüssen, Garantien (Übernahme von Haftungen durch die COFAG für Verbindlichkeiten des Unternehmens) und Direktkrediten (Gewährung von Direktkrediten durch die COFAG in Form von Überbrückungskrediten) aufgrund der Richtlinie ein (absolutes) Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot für bestimmte Zeiträume sowie weitere Einschränkungen wie beispielsweise eine maßvolle Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik für die verbleibende Laufzeit der finanziellen Maßnahme. Auch daraus ergeben sich Gewinnausschüttungsverbote, die zu beachten sind.
So regelt etwa Punkt 6.2.2. der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr. 225/2020, dass im Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 16. März 2021 für geförderte Unternehmen folgende Handlungen untersagt sind: i) die Auflösung von Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns; ii) die Ausschüttung von Dividenden oder sonstige rechtlich nicht zwingende Gewinnausschüttungen; iii) der Rückkauf eigener Aktien. Weiters hat danach bis zum 31. Dezember 2021 eine „maßvolle“ Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik zu erfolgen.
Ähnliche Beschränkungen ergeben sich bei Inanspruchnahme von Garantien der COFAG (siehe etwa die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs 3 des ABBAG-Gesetzes, BGBL II Nr.143/2020, wonach auch die Auszahlung von Boni an Geschäftsführer und Vorstände untersagt wird).
Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen diese Bestimmungen reichen von Rückzahlungs- und Schadenersatzansprüchen der COFAG über den Entfall der Förderzusage bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.
TIPP: Prüfen Sie die Bedingungen allenfalls gewährter Zuschüsse, Garantien und Kredite, insbesondere nach COFAG-Richtlinien auf Regelungen zur Gewinnverwendung.
DDr. Katharina Müller, TEP
Dr. Martin Melzer, LL.M.