OGH 18.11.2019, 8 Ob 93/19p
Eine Räumungsklage wegen titelloser Benützung von KFZ-Abstellplätzen schaffte jüngst den Sprung vor den OGH, jedoch wurde die Entscheidung des Erstgerichts, welche das Klagebegehren abwies, vom Höchstgericht bestätigt. Der OGH hat sich in diesem Zusammenhang eingehend mit der Rechtsqualität von in der Praxis regelmäßig als Anhang zu einem Bauträgerkaufvertrag beigeschlossenen Wohnungseigentumsvertragsentwürfen auseinandergesetzt.
Im Zuge der Errichtung eines „Loft-Stadtteils“, wurden von der Projektentwicklerin als Wohnungseigentumsorganisatorin und nach wie vor (schlichten) Miteigentümerin an der Liegenschaft, sukzessive Miteigentumsanteile mit dem Ziel der Begründung von Wohnungseigentum verkauft. Der Beklagte erwarb seine Liegenschaftsanteile, verbunden mit der Zusage von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG an zwei Lofts sowie an den drei KFZ-Abstellplätzen Nr 44, 45 und 46, mit Kaufvertrag vom 01.03.2012 von der Wohnungseigentumsorganisatorin. Mit Nachtrag vom 16.03.2012 zu diesem Kaufvertrag wurde dem Beklagten statt an den zuvor genannten KFZ-Abstellplätzen die Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG an den KFZ-Abstellplätzen Nr 139, 140 und 141 zugesagt und im Grundbuch zu seinen Gunsten angemerkt. Zu Gunsten des Klägers ist ebenfalls die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG angemerkt. Er hat seine Miteigentumsanteile mit Kaufvertrag vom 06.08.2015 von den Voreigentümern erworben, die diese ihrerseits im Jahr 2010 von der Wohnungseigentumsorganisatorin gekauft hatten.
In der Klage wegen titelloser Benützung stützte sich der Kläger auf den Entwurf zum Wohnungseigentumsvertrag und die vorläufige Nutzwertberechnung, in der die gegenständlichen KFZ-Abstellplätze Nr 139, 140 und 141 nicht angeführt sind.
Der OGH stellte klar, dass der Rechtstitel für die einem Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungsbefugnisse nicht in der Nutzwertfestsetzung bzw der Nutzwertbestimmung liegt, sondern in der Widmung, die wiederum Grundlage des Wohnungseigentumsvertrags ist. Ob ein Wohnungseigentumsobjekt (§ 2 Abs 2 WEG), ein Wohnungseigentums-Zubehörobjekt (§ 2 Abs 3 WEG) oder Allgemeinteile (§ 2 Abs 4 WEG) vorliegen, entscheidet sich nach der privatrechtlichen Einigung – der Widmung – der Wohnungseigentümer, die im Allgemeinen im Wohnungseigentumsvertrag erfolgt. Die rechtswirksame Widmung gibt den Ausschlag dafür, was zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt gehört und dementsprechend vom jeweiligen Wohnungseigentümer ausschließlich genutzt werden darf. Für den Rechtsakt der Widmung bestehen im Gegensatz zum Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum keine Formvorschriften.
Der Wohnungseigentumsentwurf, wie schon die Bezeichnung als Entwurf deutlich macht, schafft noch keinen Rechtstitel für eine rechtswirksame Widmung. Daraus folgt, dass weder auf Grundlage einer vorläufigen Nutzwertberechnung noch eines Entwurfs des Wohnungseigentumsvertrags auf eine rechtwirksame Widmung geschlossen werden kann. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall eine konkludente Zustimmung zur Widmung der gegenständlichen KFZ-Abstellplätze durch alle Miteigentümer und Wohnungseigentumsbewerber einschließlich der Voreigentümer des Klägers erfolgt, weil der Beklagte die KFZ-Abstellflächen Nr 139, 140 und 141 seit 2012 nutzt. Von einem Eingriff des Beklagten in „Allgemeinflächen“ kann daher laut Höchstgericht in vorliegenden Fall keine Rede sein.
Mag. Anna Schimmer