1. Einleitung
Die Zahl der Familienunternehmen in Österreich wächst stetig. Etwa 87% der österreichischen Unternehmen werden aktuell als Familienunternehmen geführt. Jeder Familienunternehmer ist früher oder später mit der Frage konfrontiert, wem und wann er seinen Geschäftsanteil überträgt, wobei idR eine Übertragung an die nächste Generation innerhalb der Familie angestrebt wird.
Bei ungeregelten unternehmerischen Verlassenschaften kann es vorkommen, dass die minderjährigen Kinder Erben des Unternehmens werden. Dies sollte im Rahmen einer sorgfältigen Unternehmensnachfolgeplanung verhindert werden.
2. Übertragung des GmbH-Geschäftsanteils im Erbrechtsweg
Der GmbH-Geschäftsanteil ist vererblich. Verstirbt der bisherige Gesellschafter so fällt sein Geschäftsanteil in die Verlassenschaft. Hinterlässt der Gesellschafter minderjährige Kinder würden diese (neben sonstigen gesetzlichen Erben) als seine gesetzlichen Erben mangels letztwilliger Verfügung den GmbH-Geschäftsanteil erben, vorausgesetzt der Erbantrittserklärung wird die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt. Das Pflegschaftsgericht hat im konkreten Fall zu beurteilen, ob die Übertragung gemessen an der Ausgestaltung der jeweiligen Gesellschafterstellung sowie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Minderjährigen dem Kindeswohl entspricht. Dementsprechend hängt die wirksame Übertragung des GmbH-Geschäftsanteils an den Minderjährigen jedenfalls von einer positiven Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ab.
Die Abhängigkeit vom Pflegschaftsgericht setzt sich nach der erfolgreichen Übertragung des Geschäftsanteils an den Minderjährigen fort, da auch für die Stimmrechtsausübung bzw die Ausübung sonstiger Gesellschafterrechte, sofern es sich um Maßnahmen des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebes handelt, die Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes erforderlich ist. Oft bereitet bereits die Frage ob eine Maßnahme überhaupt in den außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb fällt und sohin einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, Schwierigkeiten.
Die Beteiligung eines Minderjährigen an der GmbH führt sohin zu Ungewissheit sowie zu zwingend einzuhaltenden, komplexen Verfahrensabläufen, welche unter anderem die Handlungsfähigkeit der GmbH lähmen.
3. Die Alternativen zur Deckung des Pflichtteils des Minderjährigen
Es ist daher mittels letztwilliger Verfügung eine Gestaltung anzustreben, durch welche die Zeit bis zum Erreichen der Volljährigkeit überbrückt und der Eintritt des Minderjährigen als Gesellschafter der GmbH vermieden wird.
Alternativ zum Erwerb des Geschäftsanteils im Erbrechtsweg besteht zB die Möglichkeit den Pflichtteil des Minderjährigen durch Einräumung eines Fruchtgenussrechts an dem GmbH-Geschäftsanteil zu decken. Durch das Fruchtgenussrecht erwirbt der Minderjährige einen Anspruch auf einen jährlichen Anteil am Gewinn der GmbH. Das Fruchtgenussrecht dient neben der Deckung des dem Minderjährigen zustehenden Pflichtteils insbesondere auch seiner langfristigen Versorgung.
Zusätzlich kann eine Nacherbschaft angeordnet werden, welche vorsieht, dass der Minderjährige erst bei Erreichen der Volljährigkeit oder eines bestimmten Alters den GmbH-Geschäftsanteil erhält.
4. Empfehlung
Wie die vorangegangene Ausführung zeigt, ist die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen Minderjährigen sowie die Verwaltung seines Geschäftsanteils von der ständigen Mitwirkung des Pflegschaftsgerichts abhängig. Dieser Notwendigkeit kann durch entsprechende Vorkehrungen mittels letztwilliger Verfügung erfolgreich entgegengewirkt werden.
Das Erbrechtsteam von Müller Partner Rechtsanwälte steht Ihnen für eine umfassende Beratung (persönlich, wie auch telefonisch oder per Videokonferenz), sowie die Erarbeitung einer Ihren Wünschen entsprechenden letztwilligen Verfügung gerne zur Verfügung.
Dr. Martin Melzer, LL.M. / DDr. Katharina Müller, TEP