1. Einleitung
Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war die Aufteilung des ehelichen Vermögens von zumindest dreistelliger Millionenhöhe. Der Mann ist Unternehmer. Der ausführliche Sachverhalt warf zwei auseinander zu haltende Rechtsprobleme auf:
a. Da an der Spitze des Unternehmens eine Privatstiftung steht, die beinahe sämtliche Beteiligungen hält, liegt ein Teil des Sachverhalts an der Schnittstelle von Privatstiftungs- und Eherecht. Dieser Aspekt wird im Folgenden nicht erörtert, sondern darf auf das Stiftungsfrühstück vom 01.12.2021 verwiesen werden, in dem dieser Teil ausführlich behandelt wurde.
b. Darüber hinaus hält der Ehemann mehrheitlich Anteile an einer Besitzgesellschaft, die für Konzerngesellschaften Anlagevermögen, bspw in Form von Liegenschaften, Gebäuden, Montageanlagen und Werkzeugen hält, errichtet und finanziert. Je nach Bedarf der Produktionsbetriebe der Unternehmensgruppe des Mannes wird das Anlagevermögen an die operativ tätigen Betriebsgesellschaften vermietet. Die Ehefrau begehrte die Aufteilung der Anteile des Ehemannes an der Besitzgesellschaft.
Der aufzuteilenden Vermögensmasse unterliegen zunächst das eheliche Gebrauchsvermögen sowie Ersparnisse (§ 81 Abs 1 EheG). Von der Aufteilung ausgenommen sind, unter anderem, Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG) oder Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen (§ 82 Abs 1 Z 4 EheG). Der dahinter stehende Gedanke ist, das Unternehmen in seinem Fortbestand zu sichern. Da es aufgrund der Ausnahmen von der tatsächlichen Aufteilung zu Benachteiligungen kommen kann, wird unter bestimmten Umständen zumindest ein finanzieller Ausgleich gewährt (§ 91 EheG und siehe sogleich).
2. Entscheidung
Nach den Feststellungen der Unterinstanzen wurden das Unternehmen sowie das Vermögen während aufrechter Ehe aufgebaut. Es gab es keine Verschiebung von privaten Ersparnissen in die Unternehmen des Mannes (Grundfall des § 91 Abs 2 EheG) oder eine regelwidrige Verringerung des ehelichen Vermögens iSd § 91 Abs 1 EheG. Ein Ausgleich scheidet daher aus.
Die einzige Argumentationslinie, die der Ehefrau offen blieb, war also, dass das Vermögen der Betriebsgesellschaft nicht Teil des Unternehmens ist, sondern der bloßen Wertanlage dient. Die notwendige Differenzierung zwischen (von der Aufteilung ausgenommen) Unternehmen und Wertanlage nahm der OGH anhand der folgenden Kriterien vor:
Der Gerichtshof differenziert danach, ob mit der Beteiligung ein Einfluss auf die Unternehmensführung verbunden ist und berücksichtigt den Unternehmensgegenstand der Besitzgesellschaft. Liegt dieser darin, die operativen Unternehmen funktionell zu unterstützen, spricht dies gegen eine bloße Wertanlage. Durch das Zurverfügungstellen der Anlageobjekte (Liegenschaften, Maschinen etc) sind die operativen Gesellschaften von der Besitzgesellschaft abhängig. Auch die maßgebliche Arbeitskraft des Ehemannes, der fünf Tage in der Woche im Unternehmen arbeitet, spricht gegen eine bloße Wertanlage. Aus diesen Gründen ist die Verwaltung der Objekte in der Besitzgesellschaft keine bloße Vermögensverwaltung. Sie sind von der Aufteilung demnach ausgenommen.
3. Fazit
Wenig überraschend konstatiert der OGH, dass auch Betriebsgesellschaften unter die aufteilungsrechtliche Ausnahme für Unternehmen fallen. Hilfreich ist uE auch folgende Kontrollüberlegung: Denkt man sich die Betriebsgesellschaft weg, fiele das Vermögen nicht in den privaten Bereich, sondern würde den jeweilig operativen Gesellschaften zugewiesen werden. Dazu passt die Aussage des OGH (1 Ob 112/18d), wonach das Zwischenschalten einer Gesellschaft keinen Einfluss auf Aufteilung hat. Dies ist vor allem für Immobilien relevant, die zum Zweck der Vermögensveranlagung erworben wurden. Diese zählen zu den aufzuteilenden ehelichen Ersparnissen, auch wenn sie von einer Gesellschaft gehalten werden.
DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.