MP-Law-Logo weiß

Newsletter Familienrecht Issue 4|2022

Einkünfte aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen stellen kein monatliches Einkommen des Unterhaltsschuldners dar (OGH 3 Ob 121/22y)

30. September 2022

1. Einleitung

Nach der Scheidung besteht die Möglichkeit, dass ein geschiedener Ehegatte dem anderen unterhaltspflichtig wird. Um die Bemessungsgrundlage für die Unterhaltsbemessung zu ermitteln, ist der Unterhaltsschuldner zur Rechnungslegung verpflichtet. Insbesondere muss er seine monatlichen Einkünfte angeben. Nun stellt sich oft die Frage, was unter die monatlichen Einkünfte fällt. Laut OGH fallen bspw Erwerbseinkommen, Zinsen, Dividenden, Miet- und Pachterlöse unter das monatliche Einkommen und sind somit anzugeben.

2. OGH Entscheidung (OGH 20.07.2022, 3 Ob 121/22y)

In dieser Entscheidung beschäftigte sich der OGH mit der Frage, ob auch ein Erlös aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen ein monatliches Einkommen für die Bemessung des Unterhalts darstellt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Kläger wurde gerichtlich aufgetragen, über seine monatlichen Einkünfte Rechnung zu legen. Mit einer Oppositionsklage machte der Kläger geltend, dass er seine Verpflichtung erfüllt hätte. Die Beklagte wandte ein, dass die Rechnungslegung unvollständig sei, da die Einkünfte aus der Unternehmensgruppe nicht angegeben waren. Somit musste der OGH klären, ob der Kläger seine titelmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung erfüllt hat. Dies hing nur von der Frage ab, ob der Erlös aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen zu den monatlichen Einkünften des Unterhaltsschuldners gehört.

Der OGH verneinte, dass der Veräußerungserlös zu den monatlichen Einkünften hinzuzählt. Unter dem Begriff „Einkommen“ wird die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen verstanden. Neben Erwerbseinkommen, Arbeitsloseneinkommen und Einkommen aus Alters- oder Berufsunfähigkeitspensionen sind auch Erträgnisse von Vermögen, wie Zinsen, Dividenden, Gewinnausschüttungen zum Einkommen zu zählen. Die Vermögenssubstanz selbst wird jedoch nicht herangezogen. Nach der älteren Rechtsprechung sind sowohl ein Liegenschaftsverkauf, als auch die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer GmbH als Vermögenssubstanz anzusehen, da nur eine Vermögensumschichtung erfolgt. Somit kann der Erlös aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile des Klägers nur als Vermögensumschichtung und nicht als Erträgnis des Vermögens zu verstehen sein.

3. Fazit

Der OGH verfolgt zu dieser Rechtsfrage eine sehr klare und strukturierte Linie. Ob etwas unter die monatlichen Einkünfte fällt, hängt laut OGH davon ab, ob es ein Ertrag eines Vermögens oder eine Vermögenssubstanz ist. Ersterer zählt zu den monatlichen Einkünften und muss somit für die Bemessungsgrundlage angegeben werden. Zweiteres dient nicht der Bemessungsgrundlage und muss somit nicht angegeben werden. Auch die Übertragung / der Verkauf einer Vermögenssubstanz stellt nichts anderes als eine Vermögensumschichtung dar und ist somit nicht anzuführen.

DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.

Übersicht

Downloads

PDF