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Newsletter Immobilienrecht Issue 4|2021

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26. November 2021

Grenzen werden nicht nur von Eigentümern zum Zweck der räumlichen Abgrenzung zum Nachbargrundstück gezogen, sondern es gibt auch Zulässigkeitsgrenzen bei Gerichtsstandvereinbarungen: Der Urlaubsort eines Verbrauchers als Gerichtsstand ist unzulässig. Auch Mieter setzen häufig grenzwertiges Verhalten im Anwendungsbereich des MRG. Eine Mieterin will ihre Loggia befreit von den unliebsamen Tauben nur für sich haben – ein anderer Mieter exklusiv die komplette Waschküche.

Es gibt auch Grenzen

In Nachbarschaftskonflikten macht sich bekanntlich häufig mal das Gefühl breit, man redet gegen eine Wand oder – wie im Anlassfall – eine Mauer. Lässt sich also keine Einigung über Überbauten erzielen, bleibt nur noch die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB. Gebäude, dh grundfest errichtete Bauwerke sind grundsätzlich unselbständige und daher sonderrechtsunfähige Bestandteile der Liegenschaft, auf der sie errichtet sind. Wenn jedoch eine Grenzmauer die benachbarte Grundstücksgrenze überragt, ist zunächst zu klären, in wessen Eigentum diese steht. Eine Grenzmauer, die über zwei benachbarte Grundstücke verläuft, ist im Zweifel im gemeinschaftlichen Eigentum der Nachbarn. Außer – wie die Gerichte aussprachen – wenn der Verlauf und die Gestaltung der Grenzeinrichtung auf Alleineigentum hinweisen. Die Mauer diente im vorliegenden Fall als Aufschüttung zur Überwindung eines Niveauunterschieds zwischen einem niedriger gelegenen und einem höher gelegenen Grundstück. Daraus schloss das Gericht auf Alleineigentum des Errichters. Im Ergebnis ist unter diesen Umständen bei teilweiser Errichtung einer Grenzmauer auf dem Nachbargrund der Errichter der Alleineigentümer. Der Nachbar kann die Entfernung überstehender Mauerteile von seinem Grundstück verlangen. Die Entfernung kann nur dann unterbleiben, wenn dies untunlich wäre. Schade jedoch, dass sich nicht alle Differenzen so leicht aus dem Weg räumen lassen (OGH 28.01.2020, 4 Ob 229/19h).

Gerichtsstand: Sommerresidenz?

All-inclusive heißt für viele nicht Cluburlaub, sondern Urlaub mit Laptop und Akten. Einen Gerichtsstand zu begründen und somit einen möglichen Prozess am Urlaubsort zu riskieren, dürfte aber auch für die meisten „Arbeitstiere“ übers Ziel hinausschießen. Im Anlassfall wurde vertraglich der Urlaubsaufenthaltsort der beklagten Dame, die Sommerresidenz in Vöcklabruck, als Gerichtsstand vereinbart. Aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht kann zwar eine solcherart Verschiebung der Gerichtszuständigkeit unter gewissen Umständen zulässig sein. Hier hatte die Dame ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort jedoch grundsätzlich in Wien und übte auch keine berufliche Beschäftigung in Oberösterreich aus. Gemäß § 66 Abs 2 JN ist für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts zwar auf die tatsächlichen Umstände abzustellen, der Urlaubsaufenthalt ist aber auch bei wochenlanger Aufenthaltsdauer bloß vorübergehender Natur. Der OGH qualifizierte die Gerichtsstandbegründung somit als unzulässig. Die Familien dürfen also aufatmen – Prozesse können nicht so einfach an den Urlaubsort verlegt werden (OGH 23.07.2020, 1 Ob 127/20p).

Lasset die Taubenjagd beginnen / Eine Taube kommt selten allein

Ein bekanntes Problem, besonders in größeren Städten, lässt grüßen: Tauben fliegen Balkone und Loggien an und hinterlassen im ungünstigsten Fall obendrein noch Überraschungen. Aber wer muss sich um die Beseitigung dieses Taubenproblems kümmern – haben Vermieter im MRG Vollanwendungsbereich diesbezügliche Erhaltungspflichten? Klar dürfte sein: mit Pfeil und Bogen müssen die unliebsamen Vögel nicht ferngehalten werden. Der OGH musste im Anlassfall darüber entscheiden, ob eine Mieterin die Verhinderung des Anfliegens und Ansitzens von Tauben auf ihrer Loggia durch geeignete Maßnahmen, wie zB die Errichtung eines Taubennetzes, durch die Vermieterin verlangen kann. Zum Nachteil der Taubenfeindin konnte der Fall aber weder unter § 3 Abs 2 Z 2 Fall 2 MRG (erhebliche Gesundheitsgefährdung) noch unter § 3 Abs 2 Z 1 MRG (Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses) subsumiert werden. Im ersten Fall scheitert es daran, dass eine Gesundheitsgefährdung vom Mietgegenstand ausgehen muss, was bei einem nur äußerlichen Einwirken nicht der Fall ist. Die Erhaltungspflicht allgemeiner Teile demgegenüber setzt eine Reparaturbedürftigkeit oder Funktionsunfähigkeit voraus, welche durch ein fehlendes Taubennetz ebenfalls nicht gegeben ist. Der Mieterin bleibt wohl erstmal nur das Aufstellen einer Vogelscheuche übrig (OGH 13.07.2020, 5 Ob 29/20f).

Waschküchenmonopol

Die Wenigsten würden eine Waschküche wohl als Hotspot eines Wohnhauses bezeichnen. Im vorliegenden Fall war diese für den Großteil der Mieter scheinbar so entbehrlich, dass sie lediglich von einem einzigen Mieter – und zwar zweckentfremdet als Abstellraum – genutzt wurde. Jahrzehnte später wollte dann doch ein Mieter seine Wäsche in der hauseigenen Waschküche waschen und es kam zu einem Rechtsstreit, über den der OGH absprechen musste. Der Mieter hatte bei Abschluss des Mietvertrags über eine Wohnung im Jahr 1982 vereinbart, dass ihm bei Vorliegen einer Verzichtserklärung aller Mieter auch das alleinige Benützungsrecht an der Waschküche zustehe, wozu eine gesonderte Benützungsvereinbarung getroffen werden sollte. Dass scheinbar nicht alle Mieter schriftliche Verzichtserklärungen abgegeben hatten, schade nicht – da sowohl von der vereinbarten Schriftform, als auch vom Erfordernis einer gesonderten Nutzungsvereinbarung einverständlich abgegangen werden kann. Das Waschküchenmonopol des Mieters bestand also zu Recht (OGH 28.08.2020, 6 Ob 163/20v).

Ihr Müller Partner Immobilienteam

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