Winterliche Rutschpartien und fröhliche Klänge – klingt doch herrlich in der Weihnachtszeit! Zur Nachlässigkeit mit Verkehrssicherungspflichten sollte man es aber dennoch nicht kommen lassen. Ein Friedhofsbetreiber kann sich seiner Streupflicht nicht durch das Aufstellen eines Warnschildes entziehen. Auch im Nachbarschaftsrecht ist von friedlicher Vorweihnachtsstimmung (noch) nichts zu sehen: Eine Nachbarin muss sich über den Lärm grölender Partyhengste ärgern. Ein weiterer Nachbar hat ein anderes tierisches Problem: Zwei Pfaue stolzieren auf sein Grundstück und sorgen mit ihren penetranten Pfauenrufen ebenfalls für eine Lärmentwicklung in nicht ortsüblichem Ausmaß. Und wer bald das winterliche Raclette essen schon satt hat, kann sich bereits in Vorfreude auf die nächste Grillsaison am Flussufer wiegen. Aber Achtung auf die Immissionsentwicklung durch Rauch und Gas…
Ho, Ho, Holprig
Als hätten nicht jetzt schon wieder alle genug vom eisigen Wetter, geht es in der nächsten Entscheidung zunächst einerseits um den „Übeltäter“ Väterchen Frost, andererseits um einen leichtfertigen Friedhofsbetreiber. Dass Glatteis aus jedem einen Break Dancer macht, mag zwar sein, dieses Ziel verfolgen die durchschnittlich betagten Friedhofsbesucher allerdings bestimmt nicht. Zu beachten gilt: Das Aufstellen eines Warnschildes „Kein Winterdienst“ befreit nicht für das Unterlassen jeglichen Winterdienstes. Zumindest eine Bestreuung der Wege in regelmäßigen Zeitabständen kann erwartet werden. Die Klägerin kam auf einer schneebedeckten und vereisten Fläche im Bereich des von der Beklagten betriebenen Gemeindefriedhofs zu Sturz und erlitt Verletzungen. Jedoch war der Klägerin laut OGH auch eigene Sorglosigkeit vorzuwerfen, da sie in Kenntnis der Witterungsverhältnisse und in dem Wissen, dass am Friedhof keine Schneeräumung oder Streuung stattfanden, den Friedhof aufgesucht hat. Der rutschfeste OGH hält in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung an einer Verschuldensteilung 1:1 fest (OGH 17.12.2020, 6 Ob 117/20d).
(bitte) Stille Nacht
Von frohlockenden Klängen konnte die Eigentümerin in der nächsten Entscheidung nichts hören. Im Gegenteil: An der angrenzenden Liegenschaft betreibt der Beklagte zwei miteinander verbundene Nachtlokale. Teilweise kommt es in diesen zu lautstarken Streitereien durch schreiende und grölende Personen insbesondere an Wochenenden und Feiertagen. Der ein oder andere schaut dabei regelmäßig wohl zu tief ins Glas – immer wieder werden beim Stiegenaufgang zum Geschäftslokal der Klägerin Gläser oder Flaschen abgestellt sowie teilweise zerbrochen zurückgelassen. Auch alkoholbedingte Verschmutzungen durch die Trunkenbolde im Stiegenaufgangsbereich oder entlang des Hauses sind keine Seltenheit. Für Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB ist grundsätzlich der Nachbar passivlegitimiert, von dessen Grund die Immissionen ausgehen. Aber auch derjenige ist passiv legitimiert, der durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzungen für Störungen Dritter geschaffen bzw erleichtert hat. Da ein Gastbetrieb den Nutzen aus dem Kundenverkehr zieht, müssen sich der Eigentümer sowie auch der Mieter/Pächter des betriebenen Lokals den Lärm zurechnen lassen, den die Gäste, zwar außerhalb des Lokals jedoch im Rahmen des Zutritts oder dessen Verlassens, verursachen. Die entstandenen Immissionen wurden im Ergebnis vom OGH als ortsunüblich beurteilt, da es sich um ein einzelnes Nachtlokal in der näheren Umgebung handelte. Gegensätzlich zur Volksweisheit „Kein Bier vor Vier“ wäre der Klägerin „Kein Bier nach Zwölf“ deutlich lieber (OGH 01.09.2021, 3 Ob 76/21d).
Streit(hähne)pfaue
Ein tierlieber Eigentümer hält auf seinem Grundstück mehrere Haus- und Hoftiere sowie auch zwei Pfaue – im Auge hat er diese allerdings nicht behalten. Sein Nachbar machte in einem Unterlassungsbegehren die nicht ortsübliche Lärmentwicklung der auf der Liegenschaft des Beklagten gehaltenen Pfaue sowie generell das Eindringen der Tiere auf die Liegenschaft des Klägers, geltend. Die nach dem Unterlassungsanspruch gemäß § 364 Abs 2 ABGB geforderte Ortsunüblichkeit der Pfauenschreie wurde anhand der Messwerte in Dezibel festgestellt. Die konkreten sehr lauten, hellen und spitzen Pfauenrufe, tagsüber sowie mehrmals pro Nacht, die im Haus des Klägers sogar bei geschlossenen Fenstern zu hören waren, erfüllen die Vorgaben der Rechtsprechung allemal. Zudem lässt sich laut OGH ableiten, dass es dem Grundeigentümer und Halter eines „größeren Tieres“ grundsätzlich möglich sein muss, Vorkehrungen in einem zumutbaren Ausmaß zu treffen, um ein Eindringen dieser auf das Nachbargrundstück zu verhindern. Auch bei eitlen Pfauen handelt es sich um solcherart „beherrschbare“ Tieren, womit der Kläger hier schon durch die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB geschützt ist. Ob die Pfaue wohl den Nachbarn jetzt vermehrt aus der Ferne an(p)fauchen? (OGH 02.07.2020, 4 Ob 64/20w)
Liebe Grillfreunde…
Wer sich während des Schneetreibens schon wieder auf sommerliche Temperaturen und Grillen freut, sollte zukünftig ganz im Motto von „(S)teak it easy“ einige Bestimmungen beachten: Im Anlassfall begehrte der Kläger gestützt auf § 364 Abs 2 ABGB von der Beklagten, die von Feuerstellen auf ihrem Grundstück herrührenden Emissionen von Rauch und Gasen und von Gestank auf seine Liegenschaft durch geeignete Maßnahmen zu unterlassen. In der Grillsaison würden Freizeitsuchende vorwiegend mit feuchtem Schwemmholz Lagerfeuer in großer Zahl am Salzach-Ufergrundstück der Beklagten errichten, wodurch es zu einer massiven Rauch- und Gasentwicklung käme. Bei dem Grundstücksteil der Beklagten handelt es sich um öffentliches Wassergut im Sinne des § 4 Abs 1 WRG, das dem sogenannten „großen“ Gemeingebrauch nach § 8 Abs 1 WRG unterliegt. Dadurch dient dieses insbesondere Erholungszwecken der Bevölkerung. Als Gemeingebrauch wird die jedermann zustehende Freiheit verstanden, bestimmte Sachen zustimmungslos entsprechend ihrer Zweckbestimmung bzw im Rahmen der Üblichkeit zu verwenden. Das Anzünden von nassem Schwemmholz ist jedoch gemäß Bundesluftreinhaltegesetz verboten und somit auch nicht vom Gemeingebrauch erfasst. Daher ist die Beklagte als Liegenschaftseigentümerin grundsätzlich auch berechtigt, dieses Verhalten zu untersagen. Die vom Kläger geforderten Verbotstafeln oder stichprobenartige Kontrollen würden die Lagerfeuer jedoch nicht gänzlich verhindern. Der OGH hat folglich ausgesprochen, dass im Ergebnis keine verlässliche und zumutbare Verhinderungsmöglichkeit besteht, um das allenfalls ortsübliche Maß überschreitende Immissionen auf der Liegenschaft des Klägers zu beenden. Die Grillfreunde der Salzach können wohl aufatmen, während der Kläger weiterhin nicht zu tief einatmen will (OGH 22.06.2021, 1 Ob 107/21y).
Ihr Müller Partner Immobilienteam