Ob die Kosten der Mängelbehebung als verhältnismäßig anzusehen und damit vom Auftragnehmer zu tragen sind, hängt von der Höhe der Verbesserungskosten, der Bedeutung des Mangels und dem mit der Verbesserung verbundenen Vorteil ab. Bei Unverhältnismäßigkeit steht dem Auftraggeber lediglich Preisminderung zu.
Hat der Auftragnehmer ein mangelhaftes Werk geliefert, hat er in erster Linie Verbesserung zu leisten und die Mängel zu beheben. Dadurch soll der Auftragnehmer eine zweite Chance bekommen, das Werk vertragsgemäß herzustellen, zu übergeben und den Werklohn (in voller Höhe) zu verlangen.
Verweigert der Auftragnehmer die Mängelbehebung binnen angemessener Zeit und befindet er sich damit in schuldhaftem Verzug, kann der Auftraggeber grundsätzlich die für die Mängelbehebung erforderlichen Kosten bereits vor tatsächlicher Verbesserung als Deckungskapital verlangen. Er muss sich bei möglicher Verbesserung nicht mit der Minderung des Werklohns zufriedengeben.
DerAuftragnehmer kann eine vom Auftraggeber begehrte Verbesserung nur dann berechtigt ablehnen und stattdessen Preisminderung oder Austausch anbieten, wenn die Verbesserung unmöglich oder unverhältnismäßig ist.
Der OGH hat zur Unverhältnismäßigkeit der Mängelbehebungskosten in seiner Entscheidung vom 19.11.2024 (4Ob188/24m) Stellung genommen und über folgenden Sachverhalt entschieden:
Die Auftraggeberin beauftragte die Herstellung von Korrosionsschutz an Autobahnbrücken zu einem Werklohn von rund EUR 650.000,00. Die Auftragnehmerin legte nach Ausführung des Werks eine Schlussrechnung in Höhe von rund EUR 1.200.000,00. Die Auftragnehmerin stellte den Korrosionsschutz nicht ordentlich her, die Auftraggeberin forderte die Kosten der Mängelbehebung in Höhe von rund EUR 1.900.000,00 von der beklagten Auftragnehmerin. Diese wandte ein, dass diese Kosten unverhältnismäßig wären.
Für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit ist nicht allein die Höhe der Verbesserungskosten entscheidend, sondern vor allem die Bedeutung des Mangels und die Wichtigkeit seiner Behebung für den Auftraggeber. Je bedeutender der Mangel und je vorteilhafter die Verbesserung für den Auftraggeber ist, desto eher ist der Verbesserungsaufwand verhältnismäßig. Führt der Mangel nur zu einem geringen Nachteil, können schon niedrige Behebungskosten unverhältnismäßig sein. Beeinträchtigt der Mangel den Auftraggeber dagegen wesentlich, können auch hohe Verbesserungskosten verhältnismäßig sein – selbst solche, die den Werklohn deutlich übersteigen. Als Faustregel für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit ist darauf abzustellen, ob ein vernünftiger Auftraggeber die Mängelbehebung auch auf eigene Kosten durchführen würde.
Ob ein verbesserungsaufwand unverhältnismäßig ist, muss der Auftragnehmer, der sich darauf beruft, spätestens in einem Verfahren beweisen.
Im konkreten Fall gelang es der Auftragnehmerin nach Ansicht des OGH nicht, eine Unverhältnismäßigkeit der Verbesserungskosten aufzuzeigen. Die Auftragnehmerin konnte weder darlegen, dass die feststehende Verkürzung der Lebensdauer der einzige Nachteil der Klägerin ist, noch in welchem Ausmaß die Verkürzung eingetreten ist.
Fazit
Bei mangelhafter Werkerrichtung hat der Werkunternehmer auch dann für die Kosten der Mängelbehebung einzustehen, wenn sie den ursprünglichen Werklohn deutlich überschreiten – vorausgesetzt, die Mängelbehebung ist im Verhältnis zum Nutzen für den Werkbesteller gerechtfertigt. Es kommt neben der Höhe der Mängelbehebungskosten vor allem auf die Bedeutung des Mangels und den aus der Mängelbehebung entstehenden Vorteil für den Werkbesteller an.
Praxistipp: Bei mangelhafter Ausführung des Werks sollten Auftragnehmer vor Ablehnung der Mängelbehebung aufgrund von unverhältnismäßig hohen Verbesserungskosten prüfen, ob die Bedeutung des Mangels und die Wichtigkeit seiner Behebung für den Auftraggeber die hohen Verbesserungskosten rechtfertigen.
Christoph Gaar
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