In seiner Entscheidung vom 19.11.2014 (6 Ob 140/14b) beschäftigte sich der OGH mit der Änderung einer Stiftungserklärung, welche im Ergebnis auf eine Abberufung des Vorstands der Privatstiftung hinauslief.
Die ursprüngliche Stiftungsurkunde sah die Bestellung von vier Vorstandsmitgliedern auf unbestimmte Zeit vor. Mit der Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes wurden primär zwei Gesellschaften betraut, sekundär der Beirat.
In der Folge nahmen die Stifter ua folgende Änderungen der Stiftungsurkunde vor: Die Funktionsperiode von den bisher auf unbestimmte Zeit bestellten Vorstandsmitgliedern wurde nachträglich begrenzt. Mitglieder des Stiftungsvorstands, deren Funktionsdauer bei Einführung der Funktionsperioden bereits zumindest drei Jahre betragen hat, sollten am letzten Tag des auf die Einführung der Funktionsperioden drittfolgenden Monats ausscheiden.
Der OGH äußerte gegen die Zulässigkeit der vorgenommenen Satzungsänderung tiefgreifende Bedenken; die Änderung der Stiftungserklärung laufe nämlich auf eine Abberufung der Vorstandsmitglieder hinaus. Hiezu führte der OGH Folgendes aus:
„Die Abberufung des Vorstands ist nur durch ein stiftungsinternes Organ nach Maßgabe des § 14 Abs 2 und 3 PSG oder durch das Gericht nach Maßgabe des § 27 Abs 3 PSG möglich. Diese Voraussetzungen dürfen nicht durch eine Änderung der Stiftungsurkunde unterlaufen werden. Gegen die Möglichkeit, den Vorstand durch Änderung der Stiftungsurkunde abzuberufen, sprechen die gleichen Bedenken, die gegen dessen jederzeitige Abberufbarkeit oder gegen eine zu kurze Funktionsperiode bestehen. Demgemäß entspricht es auch der Auffassung der Literatur, dass zwar für bereits bestellte Mitglieder des Stiftungsvorstands durch Änderung der Stiftungsurkunde nachträglich eine Höchstgrenze bestimmt werden kann: Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass eine verbleibende angemessene Mindestfunktionszeit gewährleistet ist. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Vorstandsmitglieder vom Stifter unter Druck gesetzt werden, um die Durchsetzung von – außerhalb der Stiftungsurkunde rechtlich nicht maßgeblichen – Wünschen zu erreichen. Zur Vermeidung dieser Gefahr hat sich die verbleibende Mindestfunktionszeit an den in der Entscheidung 6 Ob 195/10k entwickelten Grundsätzen zu orientieren. Demnach genügt eine Mindestfunktionsdauer von 3 Monaten nicht. Behauptete Mängel in der Ausübung der Vorstandsfunktion rechtfertigen kein Unterschreiten dieser Mindestfunktionsdauer; für deren Abstellung steht vielmehr das Abberufungsverfahren zur Verfügung.“
Die in der Entscheidung 6 Ob 195/10k vom 24.2.2011 entwickelten Grundsätze des OGH sehen im Wesentlichen vor, dass der Vorstand zur Wahrung seiner Unabhängigkeit für zumindest 3 Jahre zu bestellen ist. Eine kürzere Bestelldauer ist nur in Ausnahmefällen möglich (zB bei Ausübung der Rechte durch einen einstweiligen Sachwalter). Diese Entscheidung des OGH macht deutlich, dass bei Änderungen von Stiftungserklärungen stets darauf zu achten ist, dass es hierdurch zu keiner Beschneidung der von der Rechtsprechung geforderten Mindestfunktionsperiode von 3 Jahren kommt.
DDR. Katharina Müller, TEP
Dr. Martin Melzer, LL.M., TEP