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Neue Serie: Die MiCAR | Regulierung von Kryptowerten (2/2)

Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 3|2023

2. Oktober 2023

In unserem vorherigen Newsletter (Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 2|2023) haben wir begonnen eine Einordnung von Kryptowerten im Lichte der MiCAR vorzunehmen. Zur Erinnerung: In der MiCAR wird zwischen E-Money Token (EMT), Asset-Referenced Token (ART) und anderen Kryptowerten differenziert. Letztere, dritte Kategorie (sub-category) für „andere Kryptowerte“, dient als Art Auffangbecken jener Token, die nicht als EMT oder ART zu qualifizieren sind, darunter Utility Token und andere Token. An dieser Stelle möchten wir uns der näheren Einordnung von EMT und ART widmen.

Die am 29. Juni 2023 innerhalb der EU in Kraft getretene MiCAR (Anm.: Übergangsvorschriften sind zu beachten!) definiert in Art 3 Abs 1 Z 5 den Begriff des „Kryptowerts“ als „eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann“. Auf diese weit gefasste Legaldefinition als Oberbegriff für alle Arten digitaler Assets, folgen in Art 3 Abs 1 Z 6 die Definitionen für ART und in Art 3 Abs 1 Z 7 für EMT, wobei die MiCAR an diese besondere Anforderungen stellt.

Neben jenen White-Paper-Anforderungen, die auch an allgemeine Krypto-Assets gestellt werden (dazu näher im folgenden Newsletter), sind für ART die Regelungen der Art 16 ff heranzuziehen. ART sind Kryptowerte, die nicht als EMT zu qualifizieren sind (siehe dazu sogleich unten) und deren Wert an sonstige Werte oder Rechte oder eine Kombination daraus gekoppelt ist. Sie können beispielsweise an zwei oder mehrere offizielle Währungen oder Rohstoffe gekoppelt sein. Voraussetzung, um innerhalb der EU als Emittent von ART tätig werden zu dürfen, ist grundsätzlich die Zulassung einer juristischen Person oder eines anderen Unternehmens durch die zuständige Behörde (in Österreich die FMA). Das sog. Marktortprinzip, welches bspw. bei der DSGVO Anwendung findet und die Anwendung bestimmter Regelungen an das Betreten eines bestimmten Marktortes knüpft, wurde bei der MiCAR nicht angewandt. Die Emission solcher ART steht also prinzipiell unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, wobei zugelassene Kreditinstitute, die Art 17 MiCAR („Anforderungen an Kreditinstitute“) einhalten, diesem nicht unterliegen. Eine erteilte Zulassung hat in der gesamten Europäischen Union Gültigkeit (näheres zum EU-Passporting folgt in den folgenden Newslettern). Neben Bestimmungen zur Zulassung entnimmt man den Art 16 ff in Bezug auf ART auch bestimmte Informationspflichten, Ausgabebeschränkungen, Regelungen zum Entzug der Zulassung, Verhaltens- und Eigenmittelanforderungen des Emittenten und zahlreiche weitere Regelungen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann.

EMT sind an den Wert einer amtlichen Währung eines Landes gekoppelt, die von einer Zentralbank oder einer anderen Währungsbehörde ausgegeben wird. Sie repräsentieren also den Wert eines bestimmten gesetzlichen Zahlungsmittels (z.B. EUR oder USD), wodurch auch die Wertstabilität von EMT gewahrt sein soll. Derart ausgestaltete Krypto-Assets sollen als Tauschmittel mit stabilem Wert fungieren und werden künftig streng reglementiert. So bedarf es für das öffentliche Anbot oder die Zulassung zum Handel von EMT einer vorherigen Mitteilungspflicht (40 Arbeitstage) an die zuständige Behörde (in Österreich die FMA). Aus Art 48 MiCAR geht hervor, dass die Ausgabe von EMT im Grunde nur dann zulässig ist, wenn der Emittent als Kreditinstitut oder als E-Geld-Institut zugelassen ist. Außerdem sind bestimmte Anforderungen und Ausnahmeregelungen der E-Geld-Richtlinie (RL 2009/110/EG) zu berücksichtigen. So wird etwa mit Verweis auf Art 12 E-Geld-Richtlinie ein Verbot auf die Gewährung von Zinsen durch Emittenten normiert (Art 50 Abs 1 MiCAR).

Neben Anforderungen an alle Emittenten von EMT, entnimmt man den Art 48 ff in Bezug auf EMT auch Regelungen hinsichtlich Ausgabe und Rücktauschbarkeit, Anforderungen an Whitepapers und zahlreiche weitere Regelungen. Anders als bei ART sucht man jedoch vergebens nach neuen Verhaltens- und Eigenmittelanforderungen. Dies ist mit der engen Gruppe an Emittenten begründet (Kredit- und E-Geld-Institute), deren Zulassungsanforderungen bereits in anderen Rechtsvorschriften normiert sind. So ist bereits für die Zulassung als Kreditinstitut ein entsprechender Eigenmittelnachweis erforderlich. Zudem bestehen auch laufende (strenge) Eigenmittelanforderungen. Die MiCAR bedient sich idZ somit bereits bestehender aufsichtsrechtlicher Strukturen und schafft mit der MiCAR an jenen Stellen neue Anforderungen, wo sie diese für notwendig erachtet.

Nicht als eigene Krypto-Asset-Klasse, sondern als spezielle Ausgestaltung von ART oder EMT sind sogenannte signifikante Token zu verstehen. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung kommt ihnen in der MiCAR eine besondere Rolle zu. So normiert Art 43 MiCAR für ART und Art 56 MiCAR für EMT bestimmte Kriterien für die Einstufung als signifikante Token. Exemplarisch seien an dieser Stelle die Größe des Kundenstamms, Schwellenwerte für Marktkapitalisierung oder das Transaktionsaufkommen zu nennen. Emittenten derart signifikanter ART oder EMT unterliegen einer besonderen Beaufsichtigung durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA).

Für die Praxis ist entscheidend, Krypto-Assets im Lichte der MiCAR frühzeitig richtig einzuordnen und ggf andere Rechtsvorschriften mit zu berücksichtigen, um einerseits etwaigen aufsichtsrechtlichen Komplikationen vorzubeugen, anderseits um speziellen Anforderungen der MiCAR bei bestimmten Qualifizierungen von Token entsprechen zu können.

Lukas Messner / Dr. Sebastian Sieder

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