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Newsletter Corporate/M&A Issue 2|2023

Der „befangene“ Notar bei einer Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen

2. Juni 2023

In § 76 Abs 2 GmbH ist geregelt, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen eines Notariatsaktes bedarf. Die Formpflicht gilt nach herrschender Ansicht sowohl für das Verpflichtungs- als auch für das Verfügungsgeschäft. Die Art des Vertrages, aufgrund dessen die Übertragung erfolgen soll, ist nicht entscheidend, weshalb neben Kaufverträgen auch Tausch- oder Schenkungsverträge der Formpflicht unterstellt sind. Die Bestimmung bezieht sich auch auf alle Geschäfte, die auf eine künftige Abtretung von Geschäftsanteilen gerichtet sind, zu nennen sind etwa Vorkaufsrechte, Optionsrechte und andere Aufgriffsrechte. Ein Spezialproblem stellen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen die Treuhandvereinbarungen dar. Nach nunmehr herrschender Meinung ist die Verpflichtung zur Übertragung eines treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils an den Treugeber nicht formpflichtig.

Die Bestimmung des § 76 Abs 2 GmbHG ist zwingend. Weder der Gesellschaftsvertag noch die Vertragsparteien können die Übertragung abbedingen. Die Verletzung der Formpflicht bewirkt die Unwirksamkeit der Geschäftsanteilsabtretung.

Der OGH hat nun in der Entscheidung 2 Ob 242/22k entschieden, dass auch dann kein formwirksamer Notariatsakt vorliegt, wenn der beurkundende Notar auch „in der Sache selbst beteiligt“ ist. Im zu entscheidenden Sachverhalt hat der Alleingesellschafter einer GmbH seinen Geschäftsanteil mittels Schenkungsvertrags an eine Privatstiftung übertragen. Der für die Übertragung nötige Notariatsakt wurde von einem Notar errichtet, der zugleich Vorsitzender des Vorstandes der empfangenden Privatstiftung war. In weiterer Folge verstarb der übertragende Gesellschafter. Seine Witwe und seine Tochter wandten im Verlassenschaftsverfahren die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages ein. Im Wesentlichen brachten sie vor, dass der Vertrag deshalb gemäß § 33 Abs 2 NO unwirksam sei, da der beurkundende Notar zugleich Vorstandsmitglied der am Abtretungsvertrag beteiligten Stiftung war.

Ein Notar darf nach § 33 Abs 1 NO in Sachen, in denen er selbst beteiligt war, oder wenn in der Urkunde eine Verfügung zu seinem eigenen Vorteil aufgenommen werden soll, keine Notariatsurkunde aufnehmen. Nach Rsp des OGH ist ein Notar auch dann „in der Sache selbst beteiligt“ und von der Aufnahme einer Notariatsurkunde ausgeschlossen, wenn er Organ oder Mitglied des vertretungsbefugten Organs einer juristischen Person ist, welche das zu beurkundende Geschäft geschlossen hat. Da der beurkundende Notar zugleich Mitglied des Stiftungsvorstandes war, lag kein formwirksamer Notariatsakt vor. Somit war das Vorbringen der Witwe und Tochter des Verstorbenen berechtigt. Konsequenz der Entscheidung war, dass der GmbH-Geschäftsanteil nicht in das Eigentum der Privatstiftung überging und stattdessen in den Nachlass fiel.

Mag. Jakob Schweighofer

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