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Newsletter Erbrecht und Vermögensnachfolge Issue 5|2022

OGH setzt strenge Judikaturlinie zur Formgültigkeit von fremdhändigen Testamenten fort

23. August 2022

1. Einleitung

In den letzten Jahren häuften sich die Entscheidungen des OGHs zur Formungültigkeit fremdhändiger Testamente. Dabei hat der OGH zunehmend strenge Anforderungen entwickelt. Wenn ein fremdhändiges Testament aus mehreren Blättern besteht, muss laut OGH für dessen Gültigkeit eine äußere oder innere Urkundeneinheit vorliegen. Eine äußere Urkundeneinheit liegt dann vor, wenn die einzelnen Seiten so miteinander verbunden sind, dass sie nur mit Beschädigung oder Zerstörung des Testaments gelöst werden können. Darunter fällt zB Zusammenkleben, -binden oder -nähen der losen Blätter.

In der Entscheidung aus 2 Ob 29/22m hat sich der OGH nun genauer mit der inneren Urkundeneinheit befasst.

2. OGH vom 26.04.2022, 2 Ob 29/22m

In dieser Entscheidung ging es um die Frage, ob bei einem computergeschriebenen fremdhändigen Testament alleine die Textfortsetzung zur Annahme der inneren Urkundeneinheit genüge. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das gegenständliche Testament bestand aus zwei losen, computergeschriebenen Blättern. Der letzte Satz auf der Rückseite des ersten Blatts lautete: „[…] des letzten Willens vorgelesen wurde, habe ich meinen letzten Willen entsprechend vollinhalt-“. Auf dem zweiten Blatt wurde der Text fortgesetzt mit: „lich anerkannt und sodann […]“. Danach erfolgte die Angabe von Ort und Datum, die handschriftliche nuncupatio und Unterschrift des Verstorbenen sowie die Unterschrift der drei Testamentszeugen.

Der OGH verneinte die Formgültigkeit durch bloße Textfortsetzung und begründet dies wie folgt:

  1. Bei einem handschriftlichen Testament lässt sich die Schrift durch einen Sachverständigen überprüfen. Dies ist bei einem computergeschriebenen Testament nicht möglich. Somit besteht eine höhere Fälschungsgefahr.
  2. Der äußere Urkundenzusammenhang benötigt eine so starke Verbundenheit, dass diese nur mit Beschädigung oder Zerstörung des Testaments gelöst werden kann. Somit würde die vergleichsweise „lose“ Verbindung der bloßen Textfortsetzung mit den Anforderungen des äußeren Urkundenzusammenhanges in einem Spannungsverhältnis stehen.
  3. Überdies würde die Gültigkeit des Testaments vom Zufall abhängen – je nachdem, ob das erste lose Blatt mit einem vollständigen Satz abschließt oder sich ein Satz über mehrere Blätter fortsetzt.

3. Fazit und Empfehlung

Ob ein fremdhändiges Testament gültig oder ungültig ist, hängt oft nur von – vermeintlich unbedeutenden und oft für den Laien kaum nachvollziehbaren – Merkmalen ab. Um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen, empfiehlt es sich hier jedenfalls professionelle Beratung bei einem Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Das Erbrechtsteam von Müller Partner Rechtsanwälte unterstützt und berät Sie bei der Erstellung eines (fremdhändigen) Testaments sowie allenfalls auch deren gerichtlicher Durchsetzung. Gerne stehen wir für eine umfassende Beratung persönlich, wie auch telefonisch oder per Videokonferenz, zur Verfügung.

DDr. Katharina Müller, TEP
Dr. Martin Melzer, LL.M.

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