MP-Law-Logo weiß

Newsletter Gesundheit und Recht aktuell Issue 4|2016

Urlaubsgäste als Privatpatienten: Zusatzversicherung vorhanden oder nicht?

30. Juni 2016

Wer sich als Patient in einer Privatkrankenanstalt einer Behandlung unterzieht, hat sich selbst darum zu kümmern, ob für die Kosten der Behandlung eine Versicherungsdeckung besteht. Die ärztliche Aufklärungspflicht umfasst nicht auch die vertragsrechtlichen Aspekte der Kostentragung, entschied vor Kurzem der Oberste Gerichtshof. 

Eine in Deutschland wohnhafte Patientin wurde nach einem Schiunfall zunächst in einer Ambulanz erstversorgt und nach Erörterung, in welchem Krankenhaus die Operation durchgeführt werden sollte, in eine Privatkrankenanstalt gebracht. Der Patientin war bewusst, dass es sich um eine Privatkrankenanstalt handelte. Sie gab bei ihrer Aufnahme an, dass sie zusätzlich zur Sozialversicherung eine Privat-, Krankenzusatz- oder Auslandsreiseversicherung besitze und stimmte der Aufnahme und Behandlung in der Privaten Krankenanstalt und der Abrechnung nach der geltenden Gebührenordnung zu. Die deutsche Versicherung wurde im Formular auch namentlich festgehalten. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine gesetzliche Krankenversicherung handelte, die nur einen Teil der Behandlungskosten deckte.

Die Patientin weigerte sich, die Differenz zu zahlen, die sich aus der Basisdeckung der deutschen Krankenversicherung und der Gebührenordnung der Privatkrankenanstalt ergab. Sie argumentierte, dass die Klinik pflichtwidrig die Frage der Kostendeckung nicht abgeklärt und sie darüber nicht entsprechend aufgeklärt hätte. 

Wegen der Besonderheit eines Vertragsverhältnisses zwischen Klinik bzw Arzt und Patienten unterliegt ein Arzt besonderen Aufklärungspflichten.


Die ärztliche Aufklärungspflicht umfasst die Verpflichtung des Arztes, den Patienten über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und schädlichen Folgen einer Behandlung zu unterrichten und soll den einwilligenden Patienten instand setzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu überschauen. Die ärztliche Aufklärungspflicht ist aber nicht auch auf den versicherungsrechtlichen Aspekt des Behandlungsvertrags übertragbar, weil die Grundsätze zur ärztlichen Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Besonderheit der Arztleistung – Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten – entwickelt wurden, nicht aber im Hinblick auf den vertragsrechtlichen Aspekt der Kostentragung (9 Ob 19/16h vom 21.04.2016).


Im Interesse einer reibungslosen Honorarabrechnung wird jede Klinik und jeder Arzt aber zumindest im Zweifelsfall oder bei besonders kostspieligen Behandlungen die Versicherungsdeckung selbst prüfen. Für die gesetzliche Krankenversicherung ergibt sich diese Überprüfung schon allein aus der Pflicht, die Identität ihrer Patienten sowie die rechtmäßige Verwendung der e-card zu überprüfen.

Dr. Michael Straub, LL.M.

Übersicht

Downloads

PDF