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Newsletter Immobilienrecht Issue 1|2018

Verstöße gegen die Bauvorschriften und Haftung der Wohnungseigentümer

2. Mai 2018

Ein in der Praxis häufig vorkommendes Thema ist, dass Gebäude sowie sonstige Bauwerke (Hofanlagen, Einfriedungen, etc.) oftmals erhebliche Baumängel aufweisen bzw. nicht der baurechtlichen Bewilligung entsprechen. Dadurch können sich für Wohnungseigentümer sehr unangenehme Konsequenzen ergeben. Erwirbt man etwa eine Wohnung in einem Haus mit schlechter Bausubstanz oder weicht die Bauausführung des Hauses von der Baubewilligung ab, kann die Baubehörde („Baupolizei“) aufgrund dieser Mängel einschreiten und Bauaufträge erlassen, was zumeist mit beträchtlichen Kostenfolgen verbunden ist.

In Österreich fallen die Bauvorschriften in die Zuständigkeit der jeweiligen Bundesländer, was zur Folge hat, dass neun unterschiedliche Bauordnungen bzw. Baugesetze bestehen. Mehr oder weniger ähnlich geregelt werden hingegen die Frage der Benützung und Erhaltung von Gebäuden und die Vorgangsweise bei vorschriftswidrigen Bauwerken. Eigentümer bzw. Miteigentümer haben so beispielsweise in Wien dafür Sorge zu tragen, dass die Bauwerke in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Darüber hinaus besteht in sogenannten Schutzzonen die Verpflichtung, das Gebäude in „stilgerechtem“ Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu bewahren. In den anderen Bundesländern bestehen vergleichbare Regelungen.

Nach der Judikatur des VwGH treffen die baurechtlichen Verpflichtungen jeden einzelnen Miteigentümer und bei Gebäuden, an denen Wohnungseigentum begründet ist, jedenfalls hinsichtlich der allgemeinen Teile („Außenhaut“ des Gebäudes zB Dach, Gemeinschaftsräume, Stiegenhaus, Gänge, etc.) auch jeden einzelnen Wohnungseigentümer. Erst jüngst hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ra 2017/05/0259 wieder dargelegt, dass sich Beseitigungsaufträge zur Behebung von Baugebrechen oder Bauabweichungen gegen jeden einzelnen Mit- und/oder Wohnungseigentümer richten und diese der Behörde gegenüber verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sind. Die Erfüllung von Aufträgen ist der Behörde vom Verpflichteten schriftlich und mittels Nachweis über die vorschriftsgemäße Erledigung zu melden. Werden diese vom Verwalter oder der Eigentümergemeinschaft bzw. den Miteigentümern nicht befolgt – oder ist Gefahr im Verzug – kann die Baupolizei darüber hinaus eine sogenannte „Ersatzvornahme“ anordnen, das heißt sie lässt die notwendigen Arbeiten von einer Firma ihrer Wahl und auf Kosten der Eigentümer durchführen.

Besonderes Augenmerk gilt es in diesem Zusammenhang auch auf Baubewilligungen zu richten, die lediglich auf Widerruf oder unter Bedingungen erteilt wurden, dass die Behörde jederzeit bestimmte bauliche Maßnahmen vorschreiben kann (zB Verschließen eines Durchbruchs in der Feuermauer). Ab Widerruf oder Erteilung der Vorschreibung liegt dann ein baukonsenswidriger Zustand vor, der zu beseitigen ist.

Beim Erwerb einer Wohnung wird die Frage, ob das Gebäude mit den rechtskräftig genehmigten Bauplänen übereinstimmt oder ob die Baubewilligung auf Widerruf oder unter Auflagen erteilt wurde, häufig nicht geprüft oder überhaupt nicht einmal thematisiert. Unangenehme Konsequenz dieser Nachlässigkeit könnte sein, dass die Baupolizei einen Beseitigungsauftrag erlässt und der Erwerber als neuer Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft für die (anteiligen) Beseitigungskosten einzustehen hat. Da es sich bei einer baubehördlichen Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, kann der „Täter“ nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Dies wird jedoch nur in den seltensten Fällen gelingen.

Vor diesem Hintergrund ist eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Überprüfung der baubehördlichen Grundlagen unerlässlich. Müller Partner Rechtsanwälte berät und unterstützt Sie beim Ankauf Ihrer Immobilie zur Vermeidung der genannten Haftungsrisiken.

Dr. Manuela Maurer-Kollenz
Christian Frick, LL.M.

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