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Wie ein Verein zum Alternativen Investment Fonds werden kann

Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 4|2023

10. November 2023

Kürzlich entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), eine von einem Verein in Kryptowährungen veranlagte Arbeitnehmerkasse sei ein unerlaubter Betrieb eines Alternativen Investmentfonds (AIF). Das klingt auf den ersten Blick vielleicht abenteuerlich. Es ist aber völlig unbestritten, dass ein AIF von der konkreten Rechtsform unabhängig ist und allenfalls sogar in reiner Vertragsform begründet werden kann.

Zum Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde lag

Der gegenständlichen Entscheidung (BVwG 15.12.2022, W204 2242881-1/7E) lag (etwas verkürzt) folgender Sachverhalt zugrunde: Der beschwerdeführende Verein hatte als einen Teil seiner Aktivität eine „betriebliche Versorgungseinrichtung für Arbeitnehmer:innen in Österreich“. Vereinsmitglieder sind die teilnehmenden Arbeitnehmer:innen. Die Mitgliedsbeiträge an den Verein leistete die Arbeitgeberin; dies in Form von Bruttogehaltsumwandlungen (EUR 25/Monat unter Inanspruchnahme einer Steuerbegünstigung des EStG). Die teilnehmenden Arbeitnehmer:innen hatten zudem die Möglichkeit, die Zahlungen der Arbeitgeberin durch Zuzahlungen maximal zu verdoppeln (also weitere bis zu EUR 25/Monat einzuzahlen).

Im Gegenzug für die monatlichen Einzahlungen erhielten die teilnehmenden Arbeitnehmer:innen bei Pensionsantritt eine Zusatzpension aus dem Verein, welche sich „aus der Wertentwicklung der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft“ ergeben (für je EUR 25 bekam man einen Token, der Anspruch des Einzelnen bestimmte sich dann in Relation zu den insgesamt ausgegebenen Token). Investiert wurden die Beiträge aller Arbeitnehmer:innen in die Kryptowährung Ethereum.

Weshalb das BVwG die betriebliche Versorgungseinrichtung des Vereins als AIF qualifizierte

Ein AIF ist bekanntlich jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl an Anleger:innen Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger:innen zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient. Das BVwG sieht hier zunächst einen „Organismus für gemeinsame Anlagen“ deshalb gegeben, weil die Arbeitnehmer:innen einer Veranlagungs- und Risikogemeinschaft beitreten und sich die Höhe ihrer Zusatzpension aus der Wertentwicklung eben dieser ergibt. Dass die Versorgungseinrichtung selbst weder rechtlich noch wirtschaftlich selbständig, sondern Teil des gesamten Vereinsvermögens ist, ändert daran nichts (im Verein wurden über den Versorgungsplan hinaus auch nach dem Umlageverfahren „bepreiste“ Leistungen bei Hilfsbedürftigkeit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit angeboten).

Sodann war die Frage zu klären, ob die Arbeitnehmer:innen hier wirklich als „Anleger:innen“ zu qualifizieren seien, wo doch die Arbeitgeberin die Beiträge an den Verein leistete. Das bejahte das BVwG deswegen, weil die Konstellation primär aus steuerlichen Erwägungen gewählt wurde und die Arbeitgeberin die Beiträge auf Anweisung der Arbeitnehmer:innen leistete. Auch daran, dass von einer „Anzahl“ an Anleger:innen Kapital eingesammelt wurde, bestand letztlich kein Zweifel, weil alle Arbeitnehmer:innen adressiert wurden, auch wenn die Teilnahme natürlich freiwillig war.

Das „Investieren zum Nutzen der Anleger:innen“ sah das BVwG dadurch verwirklicht, dass man als Arbeitnehmer:in einen Anteil an dem in Kryptowährung angelegten Vermögen des Versorgungsplans erwarb. Das ist wenig überraschend, der Verein selbst sprach in seinem Außenauftritt auch immer von „Veranlagungs- und Risikogemeinschaft“.

Als „festgelegte Anlagestrategie“ reichte es dem BVwG, dass das Investieren der monatlichen Beträge in die Kryptowährung Ethereum vereinbart war. Das ist doch erstaunlich, hatte der Verein, dem ja unterstellt wurde, ein Alternativer Investmentfond Manager zu sein, keinen Ermessenspielraum, worin er investierte. Darauf kommt es aber laut BVwG, welches sich hier streng am Wortlaut der Bestimmung orientiert, nicht an. Folgt man dieser Auffassung, sind die Anforderungen an das Definieren einer „Anlagestrategie“ im Sinne der AIF-Definition wohl außerordentlich niedrig.

Die Arbeitnehmer:innen selbst hatten übrigens keine laufenden Mitsprache- und/oder Kontrollbefugnisse und das eingesammelte Kapital diente bekanntlich auch nicht der operativen Tätigkeit des Vereins, womit im vorliegenden Fall auch bereits alle Kriterien eines AIF erfüllt waren.

Keine betriebliche Altersvorsorge

Im Übrigen scheiterte auch der Einwand des Vereins, es handle sich bei ihm um eine betriebliche Altersvorsorge in Sinne von § 1 Abs 3 Z 2 AIFMG. Dies, weil kein Rechtsanspruch auf eine Auszahlung bestand und das System des Vereins daher nicht unter die RL 2016/2341/EU fällt. Zudem bot der Verein weder ein Arbeitnehmerbeteiligungssystem noch einen Arbeitnehmersparplan an.

Resümee

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie ausufernd weit die mittlerweile auch schon wieder gut zehn Jahre alte EU-Regulierung für alternative Investmentfonds geraten ist. In der Praxis muss man immer, wenn von mehreren Leuten Kapital in welcher Form auch immer zur gemeinsamen Weiterveranlagung (mit welchem Zweck auch immer) gesammelt wird, genau prüfen, ob man sich im Anwendungsbereich des AIFMG bewegt. Dies zieht bekanntlich das Erfordernis einer Registrierung bei oder Bewilligung durch die FMA nach sich und Verstöße sind neben Unterlassungsaufforderungen mit hohen Verwaltungsstrafen bedroht.

Mag. Gernot Wilfling

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