Die voranschreitende Digitalisierung macht auch vor der Anlageberatung nicht halt. Beim sogenannten „Robo-Advice“ (hier als automatisierte Anlageberatung verstanden) gibt der Kunde statt seinem Anlegeberater einfach einem Computer die für die Beratung relevanten Informationen und der Computer zeigt dem Kunden Investitionsmöglichkeiten auf. Der die Anlageberatung anbietende Finanzdienstleister setzt also statt auf physische Personen auf eine auf Algorithmen basierende Software. Aber ist das unter dem bestehenden Rechtsrahmen ohne weiteres möglich?
Zunächst muss der Robo-Advice-Anbieter natürlich über die erforderliche Konzession verfügen. Wer eine persönliche Empfehlung über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an Kunden abgibt, betreibt Anlageberatung und benötigt (Gewerbsmäßigkeit vorausgesetzt) eine Konzession der Finanzmarktaufsicht nach § 3 Abs 2 Z 1 WAG. Dies unabhängig davon, von wem die Initiative dazu ausgeht und ob sich der Anbieter automatisierter Prozesse bedient oder nicht.
Robo-Adviser müssen wie jeder Anlageberater § 38 WAG beachten, also ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln. Überhaupt sind sämtliche Verhaltenspflichten des WAG zu beachten. Der Robo-Adviser muss nicht nur die erforderlichen Kundenangaben erheben, sondern auch die Geeignetheit einer Anlage für den Kunden testen (siehe insb §§ 43 und 44 WAG). Es muss also sichergestellt werden können, dass
- das empfohlene Geschäft den Anlagezielen des Kunden entspricht,
- damit einhergehende Anlagerisiken für den Kunden, seinen Anlagezielen entsprechend, finanziell tragbar sind, und
- der Kunde die mit dem Geschäft verbundenen Risiken aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen versteht.
Die regulatorischen Anforderungen an den Geeignetheitstest sind hoch. Der Anlageberater hat dafür zu sorgen, dass der Kunde das Konzept des Anlagerisikos wie auch das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite versteht (etwa durch gut verständliche Beispiele). Werden Instrumente wie Online-Fragebögen oder Software zur Erstellung von Risikoprofilen eingesetzt, ist mittels geeigneter Systeme und Kontrollen zu gewährleisten, dass diese zweckdienlich sind und zu zufriedenstellenden Ergebnissen führen (etwa durch Kontrolle der Widerspruchsfreiheit von Kundenangaben). Der Geeignetheitstest wird unter der MiFID II noch verschärft. Der Berater muss künftig auch Informationen über die Verlusttragungsfähigkeit und die Risikotoleranz des Kunden einholen und die empfohlenen Produkte müssen dann geeignet sein, Verlusttragungsfähigkeit und Risikotoleranz des Kunden zu entsprechen. Zudem ist vor Durchführung eines Geschäfts dem Kunden eine Erklärung zu übermitteln, in der die erbrachte Beratung genannt und erläutert wird, wie die Beratung auf die Präferenzen, Ziele und sonstigen Merkmale des Kunden abgestimmt wurde.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass Robo-Advice weder derzeit, noch unter der MiFID II prinzipiell unzulässig wäre. Die Vorgaben des WAG sind aber bereits herausfordernd und werden ab Anfang 2018 noch größer. Die europäischen Aufsichtsbehörden haben im Übrigen das Thema „Robo-Advice“ seit einiger Zeit speziell am Zettel und dazu ein Discussion Paper on automation in financial advice herausgegeben. Gut möglich, dass es hier mittelfristig zu weiteren Regulierungsschritten seitens des europäischen Gesetzgebers kommt.
Gernot Wilfling
Weiterführend Informationen: Majcen, Robo-Advise im Lichte der Regulierung, ZFR 2016, 575 ff